Ja, so romantisch kann die Biskaya sein. Aber nicht nur.
Wir fahren zwischen der Ile de Sein und dem Festland durch. Nur eine Dreiviertelstunde fließt die Strömung in die richtige Richtung. Leider sind wir etwas zu früh. Wir haben die Strömung voll gegenan. Wir machen nur noch knappe zwei Knoten Fahrt und die Welle wird kappelig und kommt aus jeder Richtung. Die flow wird hin und her geworfen. Innerlich wünsche ich mir das dies das schlimmste Ereignis auf der ganzen Fahrt bleibt. Langsam wird die Insel hinter uns kleiner. Das letzte mal das wir Land sehen für die nächsten Tage.
Die Sonne kommt etwas hinter den Wolken hervor. Wir fahren unter Motor und haben die Segel gesetzt. Der Wind nimmt langsam ab. Von anfänglich 10 Knoten geht es runter auf 8 Knoten. Die Wasseroberfläche ist glatt und es ist kaum Welle da. Langsam sinkt die Sonne tiefer. Dann, Martin ruft: „Delfine!“. Vier Delfine nähren sich der flow und schwimmen um ihren Bug herum. Was für ein schöner Start in die erste Nacht auf der Biskaya.
Ich mache den Eintopf warm, den ich am Tag zuvor gekocht habe. Dann macht Martin es sich im Cockpit gemütlich und meine erste Nachtwache beginnt. Alle paar Minuten einen Rundumblick. Mittlerweile ist es dunkel. An unserem Bug sehe ich einen Schwarm Fische aus dem Wasser springen. Sie leuchten grün in der Steuerbordpositionsleuchte der flow. Plötzlich kommt noch ein weiteres platschen dazu. Eine Schule Delfine auf der nächtlichen Jagt. Immer wieder sieht man den Fischschwarm an der Wasseroberfläche aufleuchten und mindestens sechs Delfine, die drei Stunden lang um unseren Bug herumjagen und mich damit in meiner gesamten Nachtwache begleiten. Sonst passiert nicht viel, außer ein paar Frachter die vor uns durchziehen.
Dann bin ich mit schlafen dran. Ich bin noch gar nicht richtig müde, noch viel zu aufgeregt. Trotzdem putze ich mir die Zähne und ziehe die dicken Segelklamotten aus und lege mich in die Vorschiffskoje. Ich hoffe hier den Motor nicht mehr so laut zu hören. Falsch gedacht. Unser 45 Jahre alter Trekkermotor, der im Salon steht, ist überall zu hören und das ganze Schiff vibriert. Ich mache kein Auge zu. Nach drei Stunden stehe ich wieder auf. Martin ist mit schlafen dran. Am Morgen sind wir beide übermüdet. Ich habe nur etwas gedöst. Es ist bewölkt, die Biskaya wie ein Ententeich und weiterhin kein Wind. Der Motor nervt. Mehr wieder wünsche ich mir etwas mehr Wind herbei. Wir dösen abwechselnd. Das Highlight ist ein Wal, der an der flow vorbeizieht.
Gegen Abend nimmt der Wind zu. Wir setzen wieder die Genua und machen den Motor aus. Endlich mal die Ohren entspannen. Als ich mich hinlegen will nimmt auch die Welle zu. Kleine kappelige Wellen von allen Seiten. Nicht schön, aber ok. Als ich aufstehe haben in Böen 17 Knoten Wind. Die Welle hat zugenommen. Es ist stockfinster draußen. Martin legt sich nach unten zum schlafen. Ich verkeile mich im Cockpit. Immer wieder wird die flow von einer großen Welle auf die Seite geschmissen und ab und zu findet auch mal eine den Weg ins Cockpit. Jetzt wünsche ich mir wieder Windstille. So schlimm war das Motorengeräusch doch nicht. Nachdem es hell geworden ist nimmt der Wind bis auf 12 Knoten ab. Auch die Welle wird etwas kleiner, aber immer noch wirft uns alle paar Minuten eine größere auf die Seite. Es fängt an zu nieseln. Wir sind beide müde und wollen ankommen. Zum Glück, über die Hälfte ist schon geschafft. Der Wind schläft ein und wir starten den Motor. Die Welle ist noch da, aber deutlich länger und angenehmer als zuvor. Die letzte Nacht auf der Biskaya beginnt. Martin legt sich schlafen. Um mich herum tauchen plötzlich überall Fischerboote auf. Erst ein paar am Horizont, dann sind sie überall um die flow herum. Bestimmt zwanzig Stück. Ich verstelle den Autopiloten mal nach links und dann nach rechts um den Booten auszuweichen, so vergeht die Zeit wenigstens schneller. Als Martin aufsteht haben wir 10 Knoten Wind und er setzt die Segel. Das heißt für mich noch ein paar Stunden ruhiger Schlaf. Als ich aufwache ist der Wind gerade eingeschlafen. Was für ein Timing. Jetzt ist es 3.30 Uhr. Die Lichter der Städte sind zu sehen. In ca. 3 Stunden sollten wir da sein. Schönes Gefühl :) Es zieht ein intensiver Geruch nach Pinie zu uns herüber. Für mich der Geruch nach Spanien aus meiner Kindheit.