Während ich in der letzten Nacht zu Hause noch die letzten Sachen gepackt habe, hat Martin die Nacht am Schiff gearbeitet. Trotz Nachtschicht ist nicht alles fertig geworden. Auf dem Steg standen noch jede Menge Kisten die noch auf der flow verstaut werden mussten und letzte Sachen mussten noch montiert werden. Dank tatkräftiger Unterstützung von Familie und Freunden, die eigentlich nur zu unserer Verabschiedung gekommen sind, konnten wir mit nur einer Stunde Verspätung in Finkenwerder ablegen. Danke an alle Helfer!
Endlich konnte es losgehen. Die ersten zwei Tage hat uns mein Vater begleitet. Unter Gehupe und Abschiedsmusik bogen wir langsam auf die Elbe ab, während Freunde und Familie winkend an Land standen und langsam immer kleiner wurden. Solche Abschiede sind immer emotional. Einerseits freut man sich auf das was vor einem liegt und andererseits ist es traurig Freunde, Familie und das Vertraute hinter sich zu lassen.
Die Sonne scheint, wir haben kaum Wind, dafür Motoren wir und die Strömung schiebt uns zügig die Elbe entlang. Kurz bevor die Strömung kippt machen wir im Hafen von Glückstadt fest. Als erstes geht es ins Café mit Blick auf die flow. Wir sind unterwegs! :) Auch wenn wir keine 60 Kilometer von Hamburg entfernt sind. Am Abend müssen wir dann noch etwas räumen, damit wir überhaupt einen Platz zum schlafen haben. Viele Taschen und Kisten haben wir erst einmal in die Vorschiffskoje gelegt.
Am nächsten Tag geht es entspannt um 11 Uhr mit Hochwasser unter Motor weiter. Heutiges Etappenziel: Cuxhaven. Da uns die Strömung wieder ordentlich schiebt sind wir schon am frühen Nachmittag da. Kurz vor Cuxhaven hatte mein Vater den richtigen Riecher, als er einer Ausflugsfähre folgt und wir kurz darauf auf einer Sandbank jede Menge Seehunde faul in der Sonne liegen sehen. Am späten Nachmittag bringen wir meinen Vater dann zur Bahn in Cuxhaven. Martin und ich schlendern noch etwas durch die Stadt und gönnen uns bei dem schönen Wetter ein Eis bevor wir am Abend noch den letzten Teil unserer Ankerwinde installieren und unsere neue 70 Meter Ankerkette über die Ankerwinde in den Kettenkasten einholen. Am nächsten Morgen sollte es raus auf die Elbe und in die Nordsee nach Helgoland gehen. Es waren entspannte 10 Knoten Wind angesagt. Gut zum eingewöhnen.
Ich war schon etwas aufgeregt, schließlich ist vieles am segeln neu für mich. Bis auf drei Wochen Charter Urlaub in Kroatien, mit einem Folkeboot von Greifswald nach Lauterbach auf Rügen, einer Congerjolle auf der Außenalster und die paar kleinen Runden mit der flow hatte ich in meinem bisherigen Leben nicht viel mit segeln zu tun.
Als wir am Morgen aufwachten merkte ich gleich 10 Knoten Wind können das nicht sein. Die flow bewegte sich in den Leinen hin und her und im Mast pfiff es. Aber Martin ließ sich von dem Plan heute nach Helgoland zu segeln nicht abhalten. Kurz vorm Start fragte der Hafenmeister noch: Wollt ihr wirklich heute los? Könnte ruppig heute werden da draußen! Aber auch das hielt Martin nicht auf. Also machten wir uns ca. eine Stunde nach Hochwasser auf nach Helgoland. Ok, nach dem Ententeich der letzten Tage war es schon etwas ungemütlicher, aber alles noch im Rahmen. Schon kurz nach der Hafenausfahrt war es nicht mehr möglich die Fender einzuholen und Leinen zu verstauen ohne Naß zu werden. Je weiter wir uns von der Elbmündung entfernten desto größer wurden die Wellen und die flow wurde ganz schön hin und her geschaukelt und im Cockpit blieb fast nichts mehr trocken. Ich setzte mich so weit wie möglich unter die Sprayhood und schaute zu wie die Wellen unter der flow hervor rollten und danach in der Weite verschwanden. Alles ist gut. Unser Schiff kann mehr ab als ich denke und ist für deutlich schwereres Wetter gemacht als das. Doch plötzlich ist nichts mehr gut. Ich fragte mich das erste Mal wo hier der Knopf zum anhalten ist und ob ich nicht einfach aussteigen kann. Immer wieder drückte mir Martin plötzlich das Steuer in die Hand. Als erstes weil ein Schotenbaum und unsere zwei Bootshaken sich verabschiedeten. Ok, haben wir uns halt auf dem Grund der Nordsee verewigt. Dann hatte ich einen verkohlten Geruch in der Nase. Doch Martin sagte: Das kommt nicht von uns. Unten ist alles ok. So ganz konnte ich das nicht glauben. Wo soll der Geruch dann mitten auf dem Meerher kommen wenn nicht von uns. Also guckte ich nach und fand den Übeltäter. Ein Karton, der noch nicht verstaut war, ist in den Motor gerutscht und fing langsam an zu glühen. Schnell weg damit. Das nächste Mal sah ich nur noch aus dem Augenwinkel etwas neben unserem Mast baumeln. Unsere Leeoberwant hatte sich gelöst und Martin bekam sie gerade noch so mit allen Teilen zu fassen und befestigte sie wieder. So, jetzt wollte ich wirklich nicht mehr. Ich hab unseren Mast schon abgeknickt über die Reling baumeln sehen. Aber wo hin genau zwischen Cuxhaven und Helgoland? Also Augen zu und durch. Das machte ich dann auch. Ich schloss die Augen und hoffte, dass wir bald da sind. Zwischendurch gab es noch ein Fischbrötchen, damit uns nicht auch noch flau im Margen wird und irgendwann rief Martin: Wir sind da! Du kannst die Leinen fertig machen.
Im Hafen von Helgoland war es leerer als gedacht. Wir machten als zweites Schiff im Päckchen fest und der Schreck von der Überfahrt war schnell wieder vergessen. Allerdings war das nicht gerade ein sanfter Start in unseren Segelalltag und für mich nicht gerade Vertrauensfördernd. Aber es kann ja nur besser werden. Wir nahmen uns vor so lange auf Helgoland zu bleiben bis die wichtigsten Sachen am Schiff fertig sind. Es lag also noch etwas Arbeit vor uns. Den nächten Tag wollten wir aber erst Mal Helgoland bei noch gutem Wetter erkunden. Danach war eh schlechtes Wetter und Wind angesagt.
Am Mittwoch den 21. Juni nutzten wir das sonnige Wetter und starteten unseren Rundweg um Helgoland. Vorbei am Lummenfelsen, der zu dieser Jahreszeit tausenden von Seevögeln als Nistplatz dient, unter anderen den Trottellummen und Basstölpeln. Weiter zur Langen Anna und am Ende noch vorbei an den bunten Hummerbuden die früher die Werkstätten der Fischer waren. Auf dem Rückweg gab es dann eine Pizza, unser Herd war immer noch nicht ganz in Ordnung, bevor es wieder in den Hafen auf die flow ging.
Die nächsten Tage waren dann Arbeitstage. Aber wie vorausgesagt wurde das Wetter schlechter und der Wind legte zu, da fällt das arbeiten etwas leichter. Immer mehr Sachen verstauten wir an den richtigen Plätzen im Schiff und je mehr Teile verbaut wurden desto mehr Kartons verschwanden und wir hatten langsam Platz zum Leben. Martin brachte unseren Petroleum Herd wieder in Gang. Jetzt leckt er nur noch am Absperrventil, aber er funktioniert. Und wir können endlich kochen. Wir haben mein neues Gewürzregal gebaut und angebracht, die Kabel für unser zweites Paar Solarpanele verlegt. Dafür mussten wir dann leider doch noch ein Teil des Schiffes auseinander nehmen und es hat fast einen ganzen Tag gedauert. Die Wanten wurden noch mal kontrolliert und neu gespannt.
Am Freitag Abend sind wir in das Helgoländer Schwimmbad gegangen. Es gibt ein Abend Kombi Tarif, Schwimmbad und Sauna. Da konnten wir uns mal wieder richtig durchwärmen und duschen. Im Hafen selber gibt es keine Duschen. Nur im Restaurant am Hafen und das nimmt unverschämte Preise. Gemeintschaftsdusche kostet 4€, waschen am Waschbecken 2€ und ein Toilettengang 1€. Zum Glück haben wir Toilette und Waschbecken auf dem Schiff.
Die meiste Zeit hatten wir viel Wind, 6-7 Windstärken. Nach einer Woche Helgoland gab es endlich ein kleines Wetterfenster und wir waren gerade mit den wichtigsten arbeiten am Schiff fertig. Am Dienstag den 27. Juni legten wir um 6 Uhr morgens in Helgoland ab, mit dem Ziel Norderney. Leider hatten wir dann zu wenig Wind. Wir versuchten kurz die Segel zu setzen, aber da noch eine gute Welle stand, fielen die Segel immer wieder ein. Also wurde es eine ziemlich schaugelige Fahrt unter Motor und nach knappen 11 Stunden wurden wir noch mit der letzten Strömung in den Hafen Norderney gespült.
Leider werden manche Bilder auf einigen Geräten verzerrt angezeigt. Wir arbeiten an einer Lösung :)
Alles Gute für Euren Törn
Handbreit
Ralf