19.12. – 24.12.2017
Am Dienstag morgen klingelt der Wecker um 5 Uhr. Wir wollen noch einmal im Hafen von Arrecife duschen, denn in Gran Tarajal auf Fuerteventura, unserem nächsten Ziel, gibt es keine warmen Duschen. 67 Meilen bis zum Ziel liegen vor uns. Und wir werden mindestens 13 Stunden brauchen, deshalb wollen wir um kurz vor 7 Uhr, noch im dunkeln starten und lieber im hellen im fremden Hafen ankommen. Wir sind pünktlich fertig, das Schiff ist klar. Mir ist etwas mulmig zumute. Hat man doch so viel über die Düseneffekte und viel Wind hier auf den Kanaren gelesen und gehört.
Das heißt, dass der eigentliche Wind, der recht moderat erscheint, auf die hohen Inseln trifft und dann daran vorbei oder zwischen den Inseln hindurch muss. Dabei wird der Wind deutlich beschleunigt. Man kann mit mindestens 2-3 Windstärken mehr rechnen. So hat man nicht selten 6-8 Windstärken in der Düse. Hinzu kommt dann noch der Windschatten der Inseln, also der Bereich, der direkt hinter der hohen Insel liegt und wo der Wind kaum hinkommt und wo meistens auch die Häfen liegen. Segelt man also bei 2-3 Windstärken los (Motort vielleicht eher ?), kommt irgendwann die Windkante, die man häufig schon im Voraus sieht: deutlich unruhigeres Meer mit Schaumkronen. Dann ist schnelles reffen der Segel angesagt (Segel verkleinern), denn der Wind kann innerhalb von ein paar Minuten auf 6-8 Windstärken zunehmen.
Und irgendwie sind wir mit der flow zwar schon 3.216 Meilen gesegelt und auch schon 6 Monate unterwegs, aber meistens haben wir immer ein angenehmes Wetterfenster (10-20 Knoten, 4-5 Windstärken) abgewartet bis jetzt. Deshalb ist das für mich als eigentliche Nichtseglerin eine aufregende Sache.
Doch dann springt der Motor nicht an. Starterbatterie leer! Warum ist die Starterbatterie leer? Wir haben doch vor Reisebeginn eine neue gekauft. Ok, erst mal los. Zum Glück können wir den Motor auch über unsere Verbraucher Batterien starten. Es dauert etwas bis das starten klappt, aber der Motor läuft. Wir lösen die Leinen, tuckern noch mal an der SY Walross vorbei, auf der noch alle schlafen. Weiter geht es immer an der Betonnung entlang zum Vorhafen, in dem die vielen Kreuzfahrtschiffe liegen. Dann kommt Martin auf die Idee unsere zweite Lichtmaschine zum Laden der Verbraucher Batterien hinzuzuschalten. Doch das mag der Motor gar nicht. Er hat nicht mehr genügend Power und geht aus. Langsam treiben wir auf „Mein Schiff“, das in der Dunkelheit hell erleuchtet neben uns liegt zu, von vorne kommt die AIDA auf uns zu, die gerade einläuft. Motor springt mit der Starterbatterie natürlich nicht an. Also nach unten gehen, Schalter umlegen und mit den Verbrauchern starten. Klappt leider nach den ersten Versuchen nicht gleich. Eine gefühlte Ewigkeit treiben wir zwischen den Riesen Kolossen herum, bis der Motor anspringt. Schnell raus aus den Hafen und auf das sichere Meer und die Segel setzen. So eine Aufregung am frühen Morgen!
Die restliche Fahrt bleibt zum Glück eher unspektakulär. Wir haben um die 15 Knoten achterlichen Wind , deshalb segeln wir erst etwas raus und bei 120-150 Grad zum Wind läuft die flow nur mit der 42 Quadratmeter Genua super. Wir machen eine gute Geschwindigkeit, doch durch den nicht ganz perfekten Kurs verlieren wir Zeit. Irgendwann merken wir, dass wir es nicht mehr im hellen schaffen werden bis Gran Tarajal. Kurz überlegen wir, was wir machen. Einen anderen Hafen anlaufen, Corallejo oder Puerto del Rosario oder im Dunkeln ankommen? Wir entschließen und die volle Strecke durchzuziehen. Ist zwar nicht schön in einen fremden Hafen bei Nacht zu fahren, aber wenn er beleuchtet und betont ist, ist alles machbar. Genau in dem Moment taucht kurz ein Schwarm Delfine auf um kurz Hallo zu sagen.
Nachdem wir eine Halse gefahren sind und Kurs auf den Hafen Gran Tarajal nehmen legt der Wind etwas zu. Mit 20 Knoten Wind und der Welle surfen wir in einer enormen Geschwindigkeit Richtung Fuerteventura. Es fängt an zu dämmern und der farbenfrohe Sonnenuntergang hinter der Insel verkürzt uns die letzten 3 Stunden bis zur Ankunft.
Kurz vor dem Hafen ist der Wind weg und wir bergen die Genua und starten den Motor. Leider meldet sich auf unser Funken keiner von der Marina, also fahren wir vorsichtig hinein und machen gleich vorne am ersten Steg fest.
20 Uhr, wir sind müde, aber Zeit für ein kleines Anleger Bier und Oliven nehmen wir uns noch.
Für den nächsten Tag haben wir uns gleich einen Mietwagen vom Flughafen geholt. Danach bekommen wir Besuch auf der flow. Ein alter Bekannter von Martin der hier als Surf und Segellehrer gearbeitet und hier eine Wohnung hat, ist gerade mit seiner Freundin und Kind auf der Insel. Danach ist der Tag auch schon vorbei.
Am nächsten Tag fahren wir zu den Sanddünen von Corralejo. Auf über 2600 Hektar erstreckt sich eine Dünenlandschaft aus hellem feinen Sand und grenzt an das türkise Meer. Entspannt schlendern wir mit nackten Füßen durch das glasklare Wasser.
Weiter geht es nach Corralejo. Wir gönnen uns ein Eis, gucken uns den Hafen an und schauen zur vorgelagerten Insel Los Lobos und nach Lanzarote hinüber, essen eine super leckere Seezunge und fahren dann über das Fischerdorf El Cortillo zurück nach Gran Tarajal.
Nachdem wir gestern den Norden erkundet haben geht es heute nach Jandía, die südliche Halbinsel. Wir fahren vorbei an der Costa Calma, an jeder Menge Souvenir Läden und Schnickschnack Shops für Touristen,bis nach Morro Jable. Hier endet die Asphalt Straße plötzlich und geht in eine Schotterpiste über. So schrauben wir uns 20 Kilometer mit unserem kleinen Mietwagen durch die Berge von Jandía bis nach Cofete. Auf dem Weg erhaschen wir atemberaubende Ausblicke auf die unter uns liegende Küste. Cofete soll der einsamste Ort, auf der sonst sehr touristischen Insel sein. Es leben dort 15 Personen und alles was es dort gibt ist eine Bar, jede Menge Ziegen und eben diese atemberaubende Landschaft. Ein 10 Kilometer langer Strand zieht sich Richtung Norden. Das tiefe blau bis Türkis des Meeres mischt sich mit dem weiß der Brandung und im Hintergrund thronen die bis zu 800 Meter hohen Berge von Jandía. Und genau hier suchen wir uns ein windgeschütztes Plätzchen hinter einer Düne und genießen die Sonne und die Ruhe.
Nach einiger Zeit machen wir uns auf den Rückweg und legen noch einen Stopp bei der Laguna de Sotavento bei Costa Calma ein. Hier kann man bei idealen Bedingungen das Kiten lernen, denn bei Flut füllt sich die paar Kilometer lange Lagune mit Meerwasser und man hat in knietiefen Wasser ohne Welle ideale Bedingungen. Martin war schon ein paar mal auf Fuerteventura und hier Windsurfen und Kiten und hat sich vor unser Reise immer gewünscht hier ein paar Wochen zu verbringen, dafür sind wir aber leider zu spät dran in der Saison und müssen weiter. Aber wir werden bestimmt noch mehr schöne Kite Reviere auf unserer Reise finden.
Am nächsten Tag ist es schon wieder Zeit den Mietwagen abzugeben. Es sind noch zwei Tage bis Heiligabend. Wir wagen einen Blick aufs Wetter und am 24.12.17 sehen für uns die Bedingungen für die 75 Meilen lange Überfahrt nach Gran Canaria gut aus. Also haben wir noch einen Tag zum ausruhen und Schiff segelklar machen.
Am 24. schlafen wir aus, da die Überfahrt eh nicht an einem Tag zu schaffen ist legen wir gegen Mittag ab und starten zu unserem Heiligabend auf See.