Nachtrag Holland
Die letzten Wochen waren so spannend und aufregend, dass ich gar nicht zum schreiben gekommen bin.
Verrückt, jetzt sitze ich hier auf der flow mitten auf der Biscaya und soll über die holländischen Kanäle schreiben. Irgendwie ist das schon so weit weg.
Auf Norderney angekommen haben wir das erste mal unsere Klappfahrräder ausgepackt und sind hinter den Dünen lang geradelt. In der Abendsonne haben wir uns ein Plätzchen am Strand gesucht und ein kleines Segelboot dabei beobachtet, wie es gegen den Strom versuchte nach Norderney zu kommen. Erst dachten wir es bleibt fast stehen, aber ganz langsam bewegte es sich doch noch vorwärts.
Der Nächste Tag war verregnet und wir planten unsere Weiterfahrt nach Delfzijl in Holland, von wo aus es in die Staande Mastroute gehen sollte. Grüne Wiesen, Felder, Schafe und Windmühlen hörten sich für uns erst mal verlockender an als die wilde Nordsee, mit ihren Tiden und dem Wattenmeer.
Da die Route nach Delfzijl über Borkum ein großer Umweg wäre, erkundigten wir uns im Hafenbüro über die Strecke durch das Watt unterhalb von Borkum. Und wie es der Zufall so will, bekommen wir dort die Information, dass unser Stegnachbar auch am nächsten Tag durch das Watt nach Delfzijl will und den gleichen Tiefgang hat wie wir und sich mit der Strecke auskennt.
Am nächsten Tag um 13 Uhr geht es kurz vor Hochwasser los und wir können der SY Dawai folgen. Einzige Bedingung: wenn wir aus Norderney raus sind den Gashebel umlegen und mit Highspeed weiter ;) Zumindest das was man bei einem Segeelboot unter Motor Highspeed nennt. Ganze 6 Knoten (rund 12 km/h) Fahrt. So sollten wir die zwei kritischen flachen Stellen noch um Hochwasser herum bekommen.
Bei Nebel und Nieselregen ging es los und wir arbeiteten uns immer an den Pricken (fünf bis sieben Meter hohe Birken mit Zweigbüscheln) entlang, ab und zu guckte links und rechts von uns mal ein Seehund aus dem Wasser, sonst passierte nicht viel. Die zwei flachen Stellen passierten wir ohne stecken zu bleiben und gegen Abend bogen wir in die Ems und Richtung Delfzijl ein. Angekommen gab es ein Anlegerbier auf der SY Dawai und chinesisches Essen von einem Restaurant um die Ecke.
Jetzt liegt die Staande Mastroute nur noch eine Schleuse entfernt. Man kann, wie der Name schon sagt, die gesamte Strecke mit stehendem Mast fahren. Alle Brücken können auf dem Weg von Delfzijl bis nach Vlissingen geöffnet werden. Unser erstes Ziel war Groningen welches nur 3 Stunden Fahrt entfernt. Mit Nieselregen und Gülleduft in der Nase ging es an Wiesen und Feldern vorbei bis wir plötzlich mit blauem Himmel und Sonnenschein den Stadthafen von Groningen erreichten. Christa ,die Hafenmeisterin stand mit ihrem Megaphon am Steg: „flow, flow“ und wies uns einen letzten Platz hinten in der Ecke zwischen zwei großen Motorbooten zu.
Ich will hier jetzt nicht jedes Detail aus den Kanälen schreiben, das würde zu lange dauern. Es war sehr idyllisch, es gab jede Menge Brücken und Schleusen. Am Anfang hat jede Brücke noch geöffnet wenn man davor war oder einen Knopf gedrückt hat, am Ende gab es leider fast immer feste Öffnungszeiten, so dass wir kaum noch vorangekommen sind und zum Teil lange, bis zu 2 Stunden warten mussten und nur wenige Meilen pro Tag geschafft haben.
Für mich war es ideal um in den Alltag an Bord erst mal reinzukommen und auch das viele An-und Ablegen sowie das gelegentliche Schleusen war für mich eine gute Übung, aber am Ende war ich froh endlich die Kanäle verlassen zu können. Auch das ständige Geratter von unserem 45 Jahre altem Trecker Motor nervte. Schließlich sind wir ja ein Seegelboot.
Unsere flow hat einen Tiefgang von 1,80 Meter. Damit sollte man die Staande Mastroute gerade noch befahren können. Mehr Tiefgang würde ich nicht empfehlen. Wir sind zwei mal stecken geblieben. Beim Lauwersmeer hat uns der Wind mit 30 Knoten (rund 60 km/h) von vorne wieder rausgeschoben und wir entschlossen uns im nächsten Hafen anzulegen und noch mal zu fragen. Bei dem Wind mit 30 Knoten in Böen gegenan schafften wir es mit Hilfe anderer Segler die die Leinen annahmen, während Martin im letzten Moment die flow auf der Stelle drehte um so, so dicht wie möglich an den Steg zu kommen, in einer Lücke Längsseits anzulegen. Der Hafenmeister bestätigte uns, dass es kein Problem sei dort in den Kanal zu fahren, man müsse sich nur ganz links an der Betonnung halten. Das steht nirgendwo. „Muss man halt wissen!“ War seine Antwort. Also am nächsten morgen weiter und dieses Mal war es kein Problem durchzukommen.
Das nächste mal sind wir in Dokkum stecken geblieben. Wir sind mit einem ganzen Tross an Seglern dort angekommen und waren die letzten. Die Brücke hatte gerade eine Stunde Mittagspause und alle musste festmachen. Während die anderen Segler schon entspannt ihren Kaffee schlürften nährten wir uns am Ende dem Ufer. Ich stand mit den Leinen bereit, aber 2 Meter vorher blieben wir plötzlich stehen und nichts bewegte sich mehr. Erst mal vorwärts Gas geben – nichts. Dann Rückwerts Gas geben – nichts. Da steckten wir also, das Ufer zum greifen nahe, die anderen Segler freuten sich anscheinend über die Unterhaltung beim Mittags Käffchen, aber außer zu gucken wurde uns von denen keine weitere Aufmerksamkeit geschenkt. Nach einiger Zeit kam dann ein Holländer mit seinem großen Motorboot um die Ecke gefahren den wir um Hilfe baten. Nach dem zweiten Anlauf waren wir dann frei und machten, weiterhin mit den Blicken der Kaffeetrinker auf uns gerichtet, ganz vorne beim letzten Platz vor der Brücke fest.
Als wir in Haarlem nach einer Nacht ablegten, stand gerade unser schwedischer Nachbar, der aussah als wenn er gerade von einer Karibik Insel kommt (schwarz und kräftig gebaut) auf seinem Motorboot. Er fragte uns ob wir Richtung Amsterdam wollen. Ich antwortete: Nein, in die andere Richtung, in die Karibik. Da lachte er laut und grinste: „It,s a Long, Long way! Aber das macht ja nichts. Gute Fahrt!“.
In Veere haben wir Jörg und Steffi mit ihrem Segelschiff BigFoot eingeholt, die in Harburg mit ihrem Schiff neben unserer flow lagen und 2 Wochen vor uns zu ihrer Langfahrt gestartet sind. Wir verbrachten einige nette Abende mit den beiden und meisterten zusammen die letzte Strecke im Kanal und die Ausfahrt in die Nordsee.
Da habt ihr ja schon einige interessante Erlebnisse gehabt! Wir sind gerade sehr froh, daß ihr bei den derzeitigen Stürmen noch nicht in der Karibik seid!!!! Weiter gute Reise!!!