Nachtrag Frankreich
Jetzt sind wir nicht mehr abhängig von Brückenöffnungszeiten, dafür aber von der Tide. Jetzt hieß es rechnen und gucken wann die Strömung mit uns ist und wenn wir länger unterwegs waren gegen uns.
Zusammen mit der SY BigFoot kreuzten wir bis Zeebrugge in Belgien. Von hier aus fuhren wir am nächsten Tag zusammen 17 Kilometer mit unseren Fahrrädern bis nach Brügge um uns dort die mittelalterlich Stadt anzugucken. Es war sehr schön, aber so viele Touristen hatten wir lange nicht gesehen.
Kurz nach Hochwasser ging es am nächsten Tag weiter. Zwar nicht immer in Sichtweite, aber wir blieben mit der BigFoot in Funkkontakt. Die beiden entschieden sich dann nach Nieuwport abzubiegen. Da es noch recht früh am Tag war wollten wir weiter und über die Grenze nach Frankreich. Der nächste Hafen war in Dünkirchen, das sollten wir bis 18 Uhr schaffen. Und wirklich wir waren kurz vor 18 Uhr im Hafen fest. Wir waren in Frankreich und das mit unserem eigenen Schiff. Irgendwie ein tolles Gefühl. Und als wir noch so am räumen waren um alles wieder Hafenklar zu machen fragte jemand auf deutsch vom Steg aus: „Ist das nicht eine Delta 36?“ Etwas verwundert, dass jemand unseren Schiffstyp erkannt hat kam Martin noch oben. Neben der flow stand Thomas, der mit seiner SY AGLAIA auf der anderen Seite des Steges lag. Thomas ist Einhand unterwegs bis er sein Schiff ins warme gebracht hat. Dort steigt dann auch seine Freundin zu. Er wollte immer gerne eine Delta 36 (von der es nur wenige gibt) haben. Irgendwann fragte er noch: „Ach, ist das die flow?“ Thomas hatte schon mal mit dem Voreigner Kontakt und hätte unser Schiff fast gekauft. Verrückt was es manchmal für Zufälle gibt.
Hier lernten wir auch Silke und Jens mit ihrem Segelschiff Walross 2.1 aus Lübeck kennen.
Eigentlich wollten wir uns einen Tag Pause in Dünkirchen gönnen, allerdings war am nächsten Tag noch Ostwind, der uns perfekt weiter bringen kann. Zeit zum Ausruhen werden wir die nächsten Tage, in denen viel Westwind vorhergesagt war, genug haben. Also starteten wir am nächsten morgens um kurz nach neun Uhr mit Thomas und vielen anderen Seglern bei Sonnenschein und Wind von hinten gen Westen. Ziel war Boulogne sur Mer. Auch die BigFoot hatte sich angekündigt vor dem Hafen auf uns zu treffen und mit nach Boulogne zu segeln. Es war schönes segeln, bis auf das Kap kurz vor Boulogne. Hier legte der Wind zu, die Welle wurde größer und konfus und dann setzte die BigFoot auch noch einen Pan-Pan Funkspruch ab. Ein Pan-Pan setzt man ab wenn man konkret aber nicht akut gefährdet ist, sonst ist es der Mayday. Über Funk erfuhren wir, dass sie eine Patenthalse gemacht hatten und quer geschlagen sind und der Motor nicht mehr anspringt. Die armen, da hatte Steffi doch gerade noch einen Tag zuvor erfahren dass eine Freundin gestorben ist.
Während wir bei Thomas auf der SY AGLAIA ein Anlegebier tranken und wir auf die BigFoot warteten lief auch noch das Walross ein.
Die BigFoot wurde kurz vor der Hafeneinfahrt von der Coastguard in Empfang genommen und abgeschleppt. Ganze 600€ hat der Spaß gekostet, aber Jörg und Steffi lagen sicher im Hafen. Auch den Motor haben wir am Abend wieder in Gang bekommen. Sie haben am Kap bei der Schräglage Wasser in den Motor bekommen.
Eine ganze Woche mussten wir in Boulogne auf das richtige Wetter warten. Ständiger Westwind und teilweise über 20 Knoten. Da wollten wir nicht gegenan. Wir vertrieben uns die Zeit mit unserer kleinen Gruppe ganz gut. Grillen auf dem Walross, die Stadt erkunden, zusammen essen gehen und an der flow gibt es ja auch immer noch was zu tun. Nach einer Woche war ich aber froh weiter zu kommen. Der ständige Schwell auf den Hafen lies mich kaum schlafen, die flow ruckte ständig in die Leinen, in der Stadt hatte man alles gesehen und das Wetter ließ auch zu wünschen übrig.
Also, auf nach Dieppe!
Aber auch hier sah es nicht besser aus. Die Stadt war schön, aber weiterhin kalt und immer wieder Schauer und zu viel Wind aus der falschen Richtung. Außerdem ist Frankreich sehr teuer. Das merkt man langsam auch an den Hafengebühren. Von Anfänglich 12€ pro Nacht sind wir jetzt bei 30€ bis 35€ angelangt.
Das passende Wetterfenster kam auch erst wieder nach einer Woche. Damit wir vorankommen entschieden wir uns für unsere erste Nachtfahrt. Von Dieppe wollten wir direkt nach Cherbourg,das 130 Meilen (ca. 260 Kilometer) entfernt war. Dafür sollen wir 24 h brauchen sagte unser Navi. Was für eine Aufregung. Für mich sind doch noch die Tagestörns aufregend und jetzt soll ich 24 Stunden und im düsteren segeln. Aber die Wettervorhersage versprach eine ruhige Nacht. Gegen 9 Uhr am Morgen machten wir also in Dieppe die Leinen los. Das Walross folgte uns kurze Zeit später.
Und wie versprochen wurde es eine ruhige Nacht. Das Wetter war gut und es war kaum Welle vorhanden. Es war ein ereignisloser Törn mit 12 Stunden Segeln, 12 Stunden Motoren und am nächsten morgen legten wir glücklich, aber übermüdet in Cherbourg gegenüber dem Walross an.
Nächstes Ziel waren die Kanalinseln. Auf die freue ich mich schon seit unserem Start. Leider saß uns etwas die Zeit im Nacken. Es war mittlerweile Anfang August und am 19. August wollten wir in Hamburg zur Hochzeit einer guten Freundin sein und vorher aber die Biscaya geschafft haben.
Also starteten wir schon drei Tage später nach Guernsey. Auf dem Weg mussten wir den Race of Alderney passieren. Das ist eine Wasserstraße zwischen dem Kap de la Hague und Alderney, in der sich die stärkste Gezeitenströmung Europas befindet. Zur Sringzeit kann die Strömung bis zu 12 Knoten betragen.
Leider war der Wind nicht ganz wie vorausgesagt. Ab dem Kap de la Hague hatten wir den Wind direkt von gegenan und das mit Böen knapp über 20 Knoten. Das hieß Wind gegen Strom und das wiederum heißt eine aufgewühlte See. Wir hatten ca. 6 Knoten Strömung mit uns, aber hohe kurze Wellen. Das Großsegel musste gerefft (verkleinert) werden. Ich musste das Steuer übernehmen, damit Martin Reffen konnte. Ich konnte die flow nicht halten und sie lief aus dem Ruder und wir hatten keine Geschwindigkeit mehr und wurden von den Wellen ganz schön durchgeschüttelt. Aber Martin brachte die flow wieder auf Kurs und dann schaffte ich das Ruder zu halten. Mit dem gerefften Segel segelte es sich dann auch viel angenehmer. Kurz vor Guernsey nahm der Wind dann ab und das Meer wurde ruhiger, wir fuhren relativ dich an den Klippen von Sark und Herm vorbei und waren beeindruckt von der Natur, da war auch der ungemütliche Törn schon fast wieder vergessen. Pünktlich kurz vor Hochwasser liefen wir in St Peter Port auf Guernsey ein und bekamen auch gleich die Einklarierungspapiere in die Hand gedrückt. Da die Kanalinseln nicht zu Europa gehören mussten wir hier das erste mal einklarieren. Das hieß: kurz vor der Einfahrt in den Hafen die gelbe Q Flagge hissen und einfach die Papiere ausfüllen und in einen der Zollbriefkästen am Hafen werfen und fertig. Am Abend kam noch ein Zollbeamter vorbei und bedankte sich für das ausfüllen. Am nächsten morgen wollten wir mit unseren Fahrrädern die Insel erkunden. Bei 19 Grad und Sonnenschein machten wir uns auf den Weg, kamen aber nicht weit, da wegen eines Autorennens die Straße gesperrt war. Also schlossen wir unsere Fahrräder an und wanderten einen Weg immer an der Küste entlang. Es war wunderschön hier. Herrliche kleine Buchten, überall saftiges grün und die ersten exotischen Tiere (eine grüne Echse lief uns über den Weg). Plötzlich hatten wir das Gefühl auf unsere Reise angekommen zu sein.
Am Nachmittag kam das Walross in den Hafen, die wegen des Windes erst einen Tag nach uns los sind, aber auch sie hatten nicht bessere Verhältnisse als wir.
Spontan buchten Martin und ich ein Fährticket für den nächsten Tag nach Sark. Unsere Fahrräder durften wir leider nicht mitnehmen, dafür konnten wir uns dort welche leihen. Auf Sark gibt es keine asphaltierten Straßen und Autos sind verboten. Wir hatten einen wundervollen Tag mit Sonne und viel Natur. Am Abend ging es mit der Fähre wieder zurück nach Guernsey.
Auf unser Wanderung am ersten Tag hatten wir eine traumhafte Ankerpunkt entdeckt. Nach dem Frühstück machten wir uns zusammen mit dem Walross auf den Weg zur Fermain Bay. Wir machten das erste mal unser Dinghy klar, sammelten Jens und Silke vom Walross ein und fuhren an den Strand. Hier gab es ein Café, in dem wir unsere letzten Pfund auf den Kopf hauten. Danach ging es früh ins Bett. Denn schon um 24 Uhr wollten wir den Anker lichten und uns auf den Weg nach Roscoff machen.
Im stockdunkeln fuhren wir aus der Bucht, der Wind kam aus der richtigen Richtung aber nach einiger Zeit baut sich eine fiese Welle auf. Es wurde nur langsam hell, denn der Himmel war von Wolken verhangen und es kamen auch ein paar Schauer runter. Nach 15 Stunden machten wir in Roscoff fest. Am Abend wurde noch zusammen gegrillt bevor wir müde ins Bett fielen. Ein Tag Pause zum einkaufen und Kräfte tanken und schon ging es am nächsten Nachmittag weiter. Keine Zeit verlieren. Dann im Moment sieht das Wetter über der Biskaya recht stabil aus. Am Morgen sollten wir in Cameret sur Mer ankommen. Dies ist dann auch unser Absprungs Ort über die Biskaya. In der Nacht führen wir durch den Chenal du Four, der gut beleuchtet war. Es war eher etwas irritierend da es von überall leuchtete und blinkte. Einige Fischer waren auch unterwegs. Am frühen Morgen fuhren wir nach Cameret rein. Leider war dort nichts mehr beleuchtet und wir fanden gerade eben noch so das Walross im stockdunkeln am Außensteg liegen und machten dort längsseits fest und waren froh noch ein paar Stunden schlafen zu können. Nach dem aufstehen ging der erste Blick auf das Wetter. Weiterhin Ruhe über der Biskaya. Den Tag nutzten wir noch für Vorbereitungen wie einkaufen, vorkochen und noch mal tanken. Am Abend sind wir mit Silke und Jens noch eine Pizza essen gegangen und am nächsten Mittag ging es los über die bei Seglern gefürchtete Biskaya. Das ist die große Bucht der französischen West-und der Spanischen Nordküste. Sie ist für Ihre schweren Verhältnisse, Stürme und Wellen bekannt. Da die Wassertiefe schlagartig von über 4000 Metern auf 200 Meter abnimmt kann sich eine steile Welle aufbauen. Außerdem kann die Welle aufgrund der Form der Küste reflektiert werden, wodurch gefährliche Überlagerungen entstehen können. Auch ziehen viele Tiefdruckgebiete vom Atlantik herüber, wodurch Stürme häufig sind auf der Biskaya.