25.09. – 01.10.2017
Am Montag stehen wir früh auf um nicht all zu spät in Cascais anzukommen. Es ist die, mit über 40 Seemeilen, bis jetzt längste Strecke hier in Portugal. Doch das Marina Büro macht uns einen Strich durch die Rechnung. Der Herr vom Büro verspätet sich um 20 Minuten. Aber unsere 30 Euro Pfand für die Schlüssel wollen wir schon wieder haben. Hier in Portugal muss man etwas mehr Geduld mitbringen. Hier werden die Öffnungszeiten nie so ernst genommen. Also legen wir um kurz nach halb acht ab. Vor dem Hafen steht noch eine gute Welle und wir hören sie ordentlich gegen den Wellenbrecher donnern. Sehen können wir nichts, denn der Nebel verhüllt mal wieder alles, dazu ist eine enorme Feuchtigkeit in der Luft.
Draußen erwartet uns eine große aber sehr lange Welle, weshalb es kaum schaukelt und die flow sanft angehoben wird und sich wieder senkt. Wind ist mal wieder weniger als angesagt, deshalb bleibt der Motor an. Trotzdem setzen wir unsere große Genua. Plötzlich macht der Motor komische Geräusche und ist aus dem Takt, auch ein komischer Geruch kommt aus dem inneren des Schiffes. Also Motor aus und nachsehen. Zum Glück machen wir auch trotz wenig Wind noch um die 3 Knoten Fahrt. Wir lassen den Motor etwas abkühlen und Martin kontrolliert den Ölstand. Ist zwar nicht ganz voll, aber noch im grünen Bereich. Also starten wir den Motor wieder. Er läuft einige Zeit zuverlässig, dann wieder das gleiche. Motor wieder aus und dieses Mal ganz abkühlen lassen. In der Zwischenzeit bewegen wir uns bei 4 bis 10 Knoten Wind mit um die 4 Knoten auf Cascais zu. Für so wenig Wind, gar nicht mal so schlecht. Trotzdem zieht sich die Zeit auch durch die Ungewissheit ob der Motor am Ankerplatz zu uns hält und anspringt.
Als der Motor komplett abgekühlt ist kontrolliert Martin erneut den Ölstand. Dieses Mal ist er deutlich unter Minimum. Also Öl rauskramen und nachfüllen. Nach telefonischer Rücksprache mit unserem Volvo Penta Mechaniker in Hamburg hoffen wir darauf, dass jetzt alles in Ordnung ist. Trotzdem bleibt der Motor erst mal aus.
Kurz vor dem Kap legt der Wind etwas zu und wir machen endlich eine vernünftige Geschwindigkeit. Es wird Zeit den Motor zu testen. Er springt an und läuft! Jetzt wo wir ihn vom Wind her eigentlich nicht bräuchten. Als wir um das Kap rum sind legt der Wind auf über 20 Knoten zu und ganz plötzlich von einen Moment auf den anderen wird der Wind warm. Es ist immer wieder erstaunlich was so ein Kap macht und wie plötzlich sich das Wetter ändert. Auch die Wellen werden noch mal deutlich größer. Die flow wird ein ganz schönes Stückchen angehoben und die Welle rollt unter uns durch, um uns sanft wieder runter zu lassen. Da ruft Martin: „Jetzt hast du auch deine ersten 6/7 Meter Wellen überstanden.“ Zum Glück habe ich die Welle erst gesehen als wir schon drüber hinweg waren. Die sehen schon ganz schön gigantisch aus neben unserem kleinen Schiff.
Dann hatten wir es geschafft! Der Motor lief noch und da hörten wir auch schon das Walross aus unserem Funkgerät: „flow, flow, flow, …“ Nach knappen 10 Stunden ließen wir den Anker neben dem Walross in der Bucht vor Cascais fallen und er hielt auf Anhieb. Jens war schon dabei das Dinghy aufzupumpen und kurze Zeit später standen die beiden bei uns im Cockpit. Während die Männer sich noch mal den Motor anguckten, hatten wir Frauen auch genug zum quatschen. Später fuhren wir an Land und verbrachten einen schönen Abend bei Fisch und Wein. Leider war dies auch schon wieder ein Abschiedsessen, denn Jens und Silke machten sich am nächsten Tag auf dem Weg nach Madeira. Wir werden die beiden dann wohl erst auf den Kanaren wiedersehen. Wir haben uns an diesem Tag nur etwas in Cascais umgesehen und beschlossen hier vor Anker liegen zu bleiben und nicht mit dem Schiff nach Lissabon zu fahren. Von hier aus fährt die Bahn direkt nach Lissabon und wir können uns die Marina Kosten so sparen.
Da Martin etwas angeschlagen war verschoben wir den Lissabon Besuch auf Freitag und Martin gönnte sich den nächsten Tag zum ausruhen. Nur am frühen Abend düste er noch mal mit dem Dinghy an Land um eine Postkarte bei der Post abzugeben. Plötzlich lese ich auf meinem Handy: „Unser Motor wurde geklaut. Ich gehe zur Polizei.“ Das konnte nicht wahr sein. Dabei haben wir ihn immer angeschlossen und er wahr auch noch ganz neu. Noch nicht mal eingefahren. Der Außenbordmotor ist einer der wichtigsten Teile an Bord einer Langfahrtyacht, er stellt für uns die Verbindung zum Land her. Und nachdem wir in Kroatien mal die Erfahrung gemacht hatten, dass wir bei schlechtem Wetter Tage lang das Schiff nicht verlassen konnten, haben wir uns vor unserer großen Reise extra einen neuen 9,8 PS Motor gegönnt. Auch ganz bewusst mit der Leistung um bei starkem Wind und Strömung nicht auf offenes Meer zu treiben.
In so einem Moment stellt man sich immer tausend Fragen: Warum passiert das gerade uns? Wer tut sowas? … Aber letztendlich bringt uns das nicht weiter, das wissen wir. Trotzdem waren wir in den nächsten Tagen ganz schön am Boden zerstört und sagten unseren Lissabon Besuch ab. Wir mussten das ganze erst mal verkraften und etwas runter kommen. Vorher kann man eh keinen klaren Gedanken fassen und eine Lösung finden.
Am Samstag zeigte uns das Wetter dann leider wie wichtig der Außenborder für uns ist. Nachdem wir an Land gepaddelt sind und einkaufen waren, hatte der Wind ordentlich zugelegt. Es war mittlerweile dunkel und wir konnten die Richtung in der unser Schiff lag nur schätzen. Während wir unsere Fahrräder zusammen klappten kam ein alter netter Fischer zu uns, der kaum englisch sprach. Er fragte uns ob wir da wirklich raus paddeln wollen und riet uns doch erst mal nah am Strand zu bleiben und nicht die direkte Strecke zum Schiff zu nehmen. Er zählte uns etliche Länder auf zu denen schon Fischer abgetrieben seien. Mit Händen und Füßen erzählte er uns noch von seiner Fischerzeit. Aber ich konnte nur an die bevorstehende Strecke zum Schiff denken. Das ganze erinnerte mich etwas an Kroatien als wir nicht mehr zum Schiff gekommen sind und der Wind uns wieder zum Land zurück spülte, nur dass der Wind diesmal in die andere Richtung blies. Wir bepackten also das Dinghy mit unseren Fahrrädern und Einkäufen und los ging es erst mal Richtung Strand. Martin legte sich voll ins Zeug und wir kamen voran, doch bei jeder Windböe standen wir auf der Stelle. Aber Stück für Stück kamen wir unserem Schiff näher und dann hatten wir es geschafft. Selbst die Paddel hat es bei der Kraft verbogen. Der Wind blies mittlerweile mit über 30 Knoten und wir ließen noch etwas Ankerkette raus, weil der Wind ganz schön an der flow zerrte. Das ist schon ein komisches Gefühl nur an so einem „kleinen“ Anker zu hängen. Ich legte mich in die Koje und lauschte den Geräuschen und Bewegungen um ein Vertrauen zu entwickeln und danach wurde es wirklich eine entspannte und erholsame Nacht.
Zwischendurch hat Martin immer noch an unserem Schiffsmotor gebastelt. Wir hoffen, dass ihm diese Zuneigung gut getan hat und er das nächste mal wieder zuverlässig läuft.
Seit wir in Cascais sind haben wir super Wetter. Immer über 20 Grad, warmer Wind und wir können endlich in kurzer Hose und T-Shirt herum laufen.