17.11. – 22.11.2017
…Ganz so romantisch war es dann leider doch nicht. Denn es ist kein Windhauch zu spüren. Also Motoren wir erst mal im Sonnenuntergang den Kanaren entgegen. Das wussten wir aber auch, das um die marokkanische Küste herum Flaute angesagt war. Der Wind sollte erst etwas weiter draußen kommen. Aber dass wir dann doch 8 Stunden lang den Motor rattern lassen müssen haben wir nicht gedacht.
Unser Törn zu den Kanaren beginnt also mit einer Nachfahrt. Es ist schnell dunkel und ich muss mich erst mal wieder an das Leben auf See gewöhnen. Ich erwärme die vorgekochte Kartoffelsuppe und wir machen es uns zum Essen im Cockpit gemütlich. Ein bisschen auf trab halten uns immer wieder komische Lichter, die wir nicht zuordnen können und auch schon auf dem Weg nach Marokko vor der Küste entdeckt haben. Weiß blinkend, rot blinkend und grün blinkend. Und gerade die farbigen waren immer schneller bei uns als gedacht. Aber nach der ersten Nacht war das zum Glück vorbei.
Die Nächte auf der Überfahrt zu den Kanaren waren alle pechschwarz, da wir keinen Mond hatten und zum Teil verschmolz das Meer mit dem Himmel und man konnte keinen Horizont mehr erkennen. Ab und zu war ich mir nicht sicher ob ich einen Stern am Himmel sehe oder einen Frachter am Horizont. Bis auf den ersten Tag und die zweite Nacht, wo wir kein einziges Schiff gesehen haben, waren regelmäßig andere Schiffe zu sehen, meistens Frachter.
Nach der der ersten Nacht kam stabiler Wind auf und wir konnten früh morgens die Segel setzten. Bis auf eine 8 stündige Flaute, durch die wir am 3. Morgen hindurch Motor sind, konnten wir die ganze Zeit segeln.
Viel passiert nicht und manchmal wird die Zeit ganz schön lang. Ich brauche zwischendurch Beschäftigung. Tag und Nacht auf das Meer gucken kann ich nicht und auch lesen geht irgendwann nicht mehr. Wenn es die Welle zulässt bin ich froh unter Deck zu kochen und abzuwaschen. So habe ich an einem Tag Müsliriegel selber gemacht. Sehr zur Freude von Martin, der am liebsten alle auf einmal verputzt hätte.
Am Anfang fällt mir das schlafen besonders schwer. Zur Ruhe kommen und abschalten. So viele ungewohnte Geräusche, plätschern und klappern und die ständige Bewegung. Ständiges aufhorchen bei der kleinsten Veränderung. Martin geht immer als erstes schlafen. Dann bin ich schon müder mitten in der Nacht wenn meine Freiwache beginnt. Am Anfang haben wir uns ca. im 3 Stunden Rhythmus abgewechselt. Meist habe ich nur gedöst und bin dann jede halbe Stunde aufgewacht. Später haben wir den Rhythmus dann auf 5-6 Stunden geändert. Da bin ich dann auch besser zum schlafen gekommen. Aber ein festes Wach System haben wir nicht. Wir gucken immer was der andere gerade braucht und wie es gerade passt.
Aus dem Logbuch:
1. Tag: Etmal (zurückgelegte Meilen in 24h) 140 Seemeilen, das einzige Mal kurz Delfine gesichtet, Windmesser ist ausgefallen, zum Glück nur Wackelkontakt, 10-15 Knoten Wind in Böen 18 Knoten, wir machen eine gute Geschwindigkeit seitdem der Motor am Morgen aus ist, leider nicht ganz in die richtige Richtung, etwas an Lanzarote vorbei, da der Wind direkt von hinten kommt, viel Sonne.
2. Tag: Etmal 136 Seemeilen, 9-14 Knoten Wind in Böen 17 Knoten, wir können den Kurs auf Lanzarote anlegen.
3. Tag: Etmal 113 Seemeilen, wir starten um 6 Uhr den Motor, um 15 Uhr stellen wir den Motor wieder aus und setzen den Spinnaker, ich koche essen.
4. Tag: Etmal 112 Seemeilen, sehr viele Frachter gesichtet, wir machen das 1. Reff in die Genua, Wind dreht zu unseren Ungunsten
5. Tag: Bei Sonnenaufgang sichtet Martin Lanzarote, der Wind dreht und kommt von vorne, der Wind nimmt zu und wir bekommen eine blöde Welle, die unser Schiff immer wieder überspült. Wir haben teilweise über 25 Knoten Wind und das 3. Reff im Großsegel. Und so kreuzen wir den ganzen Tag vor Lanzarote herum. Das kann ganz schön nervenaufreibend sein. Lanzarote scheint schon so nah, aber wir machen kaum Meilen gut. 12 Seemeilen vor Arrecife haben wir die Schnauze voll und starten den Motor und Motoren gegen Wind und Welle, damit wir noch im hellen ankommen. Kurz vor der Einfahrt in den Hafen geht der Wind runter, wir melden uns per Funk an und bekommen einen Liegeplatz zugewiesen. Um 17 Uhr, also genau 5 Tage nach unserem Start in Marokko, machen wir die Leinen im Hafen von Arrecife auf Lanzarote fest.
Was für ein Gefühl. Wir sind auf den Kanaren angekommen. Nach 5 Tagen auf See endlich wieder festen Boden unter den Füßen. Die Gefühle in dem Moment kann man kaum beschreiben. Gleichzeitig setzt die Müdigkeit ein, der Adrenalin Pegel sinkt und wir möchten nur noch ins Bett. Wir haben unsere 1. großes Etappenziel, die Kanaren erreicht. Nachdem wir uns was zu essen an der Hafenpromenade besorgt haben und mit einem Bier auf die Erfolgreiche Überfahrt angestoßen haben, geht es für uns früh ins Bett und dann wird erst mal die nächsten 10 Stunden durchgeschlafen.