04.01. – 14.01.2018
Bis jetzt hatten wir keine heftigen und plötzlichen Düseneffekte auf unseren Überfahrten. Am Vortag hat Martin noch aus unserem alten Kanaren Revierführer vorgelesen. Auf der Überfahrt von Gran Canaria nach Teneriffa kann man seine Crew und sein Schiff auf Hochsee Tauglichkeit prüfen. Zwischen diesen beiden großen und sehr hohen Inseln kann sich eine starke Düse und Welle aufbauen. Mal sehen was auf uns zukommt.
Es ist noch dunkel draußen. Wir setzen unsere große 42 Quadratmeter Genua und das Großsegel. 12 Knoten Wind von der Seite, also Halbwindkurs. Ruhiges und entspanntes segeln. Langsam geht die Sonne auf und in der Ferne taucht der Teide (über 3000 Meter hoher Vulkan auf Teneriffa) zwischen rosa Wolken auf. Wir sind noch über 80 Kilometer von unserem Ziel entfernt. Der Wind lässt ganz nach und wir müssen den Motor anmachen. Wir sind in der Landabdeckung von Gran Canaria. Eine Stunde läuft der Motor und wir warten auf die Düse. Es kommt etwas Wind auf. Motor aus, die große Genua ist noch gesetzt. Doch dann nimmt der Wind stetig zu. Die Genua muss runter und unsere kleine Fock gerefft wieder rauf. Auch das Großsegel muss gerefft werden. Ich stehe am Steuer und Martin arbeitet auf dem Verdeck. Es dauert eine Weile bis alles erledigt ist. Mit jetzt nur noch 19 Quadratmetern und dem 3. Reff im Groß rasen wir bei 30 Knoten Wind nur so dahin. Und es schaukelt ordentlich. Ich versuche ein paar mal Berichte zu schreiben, doch das muss ich schnell wieder aufgeben. Mir wird etwas schwummerig. Schon häufig habe ich gelesen, dass Leute das erste mal auf den Kanaren seekrank werden, auch wenn die vorher nie Probleme damit hatten. So schlimm ist es zum Glück nicht bei mir, aber unter Deck sitzen und lesen und schreiben, was sonst nie ein Problem für mich ist, ist nicht möglich.
Nach 9,5 Stunden erreichen wir San Miguel. Der Wind hält bis vor die Hafeneinfahrt an. Wir sehen viele Segelschiffe in der Umgebung. Wir funken die Marina an. Keiner meldet sich. Wir warten und drehen Kreise. Nach einer gefühlten halben Stunde meldet sich plötzlich jemand wie selbstverständlich auf unser funken. Wir werden von den Marineros mit einem kleinen Motorboot abgeholt und bekommen ganz hinten einen Platz am Steg.
Das Funkgerät ist noch an und ich (Romina) denke ich höre nicht richtig. „Champagner und Vino Tinto warten vor dem verschlossenen Marina Büro“, Sangria bittet um die Einfahrt in den Hafen“ und „Mai Tai auch“. Wo sind wir denn hier gelandet!?
Viele weitere Funksprüche kommen rein und die Marineros haben einiges zu tun. Wir hatten Glück und haben wohl einen der letzten Plätze am Steg wo eigentlich nur Einheimische liegen bekommen. Alle anderen müssen ins Päckchen. Das liegt wohl auch daran das die nur 1 – 2 Nächte bleiben.
Am nächsten Tag buchen wir mal wieder einen Mietwagen am Flughafen für den nächsten Tag. Martin macht sich mit dem Fahrrad am Morgen auf den Weg. Statt den langen Umweg über die Hauptstraße und Autobahn zu nehmen, versucht er sich über hügelige Trampelfade direkt einen Weg zu bahnen, der irgendwann an einem Zaun mit wilden Hunden endet. Zum Glück findet er einen Spanier mit Auto in der Nähe, der ihn und das Klappfahrrad mit Richtung Flughafen nehmen und so kann er doch noch pünktlich unseren Mietwagen entgegennehmen. Der 06.01. ist ein Feiertag und wir wissen nicht ob die Geschäfte geöffnet haben. Trotzdem fahren wir nach Los Christianos und versuchen unser Glück. Doch leider hat alles zu. Eigentlich wollte ich zu H&M und ein paar Tops kaufen. Stattdessen bummeln wir an der Promenade entlang und finden leckeres Eis mit natürlichen Zutaten und einige Sorten auch zuckerfrei. Am Nachmittag fahren wir zu einem veganen Restaurant, welches günstiges und super leckeres Essen hat.
Am Sonntag haben dann alle Geschäfte wieder geöffnet. Morgens holen wir frisches Gemüse in einer Markthalle, danach machen wir eine kleine Shopping Tour bei H&M und dann wollen wir zum Leuchtturm am Punta de Teno, dem westlichsten Punkt Teneriffas. Was wir nicht wissen ist, dass wir auf dem Weg dort hin durch das Teno Gebirge fahren müssen und nachdem wir uns mit dem Auto auf die erste Anhöhe heraufgeschraubt haben, sind wir fasziniert von den saftigen grünen Berghängen und den Ausblick auf die Täler und die sich dorthin schlängelnde Straße. War es unten noch angenehm milde, weht hier ein eisiger Wind der fast weh tut auf der Haut und wir sind trotz der schönen Ausblicke froh wieder im Auto zu sein. Wir fahren weiter bis zur Masca Schluch in der sich einige Häuser an die grünen Berghänge schmiegen. Faszinierend wo sich überall Menschen ansiedeln. Bis Anfang der 60er Jahre gab es nur eine kleine Sandpiste dorthin. Mittlerweile ist die Straße zwar noch schmal aber asphaltiert. Immer wieder halten wir an und genießen die Aussichten auf wolkenverhangene Bergspitzen, Täler und saftig grüne Berghänge und wir schießen ein Foto nach dem anderen. Deshalb dauert die Fahrt zum Leuchtturm deutlich länger und wir kommen erst gegen Abend zur Zufahrtsstraße, vor der eine lange Autoschlange steht. Da wir nicht wissen was hier los ist fahren wir an der Schlange nach vorne vorbei, parken dort und fragen den dort stehende Parkwächter ob die Straße geschlossen sei. In drei Minuten wird geöffnet sagt er uns. Da wir schon hier vorne stehen, reihen wir uns in die anfahrende Schlange ein und in eine Kolonne geht es die nächsten Kilometer bis zum Leuchtturm. Warum diese Straße nur zu bestimmten Zeiten öffnet wissen wir nicht, aber da haben wir mit unserer langen Fahrt durchs Gebirge alles richtig gemacht um pünktlich zur Öffnung hier zu sein. Wir bestaunen die enorm hohe Brandung am Punta de Teno, den Leuchtturm im Licht der Abendsonne und erhaschen einen kurzen Blick durch die Wolken auf unser nächstes Ziel, La Gomera. Ein gelungener Tag.
Wir nutzen den Wochenbeginn um ein paar Sachen in Santa Cruz, der Hauptstadt von Teneriffa zu erledigen. Als erstes geht es zur Policía Local zum ausklarieren. Warum wir jetzt schon ausklarieren? Es kann sein, dass die Behörden auf den Kap Verden eine Ausreisebestätigung sehen wollen. Diese bekommt man nur auf Gran Canaria und Teneriffa. Also holen wir uns jetzt die Bestätigung und hoffen, dass diese auf den Kap Verden akzeptiert wird. Außerdem geht es noch einmal zum Yachtausrüster, wahrscheinlich erst mal der Letzte. Leider haben sie unseren Akku für unsere Handfunke, der leider schon kaputt ist, nicht. Sie bestellen uns einen und senden ihn dann direkt weiter nach La Gomera. Und wenn wir schon mal hier sind geht es auch noch zu Decathlon. Ein paar Ersatzteile für unsere Fahrräder und Wanderschuhe finden den Weg in unseren Einkaufskorb. Auf dem Rückweg machen wir noch einen Abstecher zu einem Aussichtspunkt und entdecken ein Haus auf eine Landzunge mit Garten und Meerblick.
Am nächsten Tag fahren wir in das Anaga-Gebirge. Das Gebirge liegt im Nord-Ost Passat, wodurch ein feuchtes Klima entsteht und ein ständiger Nebel durch die Lorbeerwälder zieht. Beeindruckend nach dem Trockenen Klima der anderen Inseln. Für viele Wanderwege muss man sich im Vorfeld eine Genehmigung holen, damit nicht zu viele Leute in diesem Naturschutzgebiet unterwegs sind. Also suchen wir uns einen Wanderweg ohne Genehmigung. Wir fühlen uns wie in einem verwunschenen Märchenwald. Der Nebel zieht langsam zwischen den Baumstämmen hindurch, überall hört man Wasser tröpfeln und von den Baumstämmen hängt lag gewachsenes Moos.
Am nächsten Tag haben wir genug von Feuchtigkeit und Kälte. Wir machen uns auf den Weg zum Pico del Teide. Hier bietet sich uns ein ganz anderes Bild. Fast überall ist es trocken und wenig grün. Langsam fahren wir immer weiter hinauf und irgendwann sind wir über den Wolken. Die Sonne scheint und wir sehen von vielen Aussichtspunkten auf die unter uns liegende Wolkendecke.
Wir fahren bis zur Seilbahn, die das letzte Stück bis auf 3.555 Meter auf den Teide führt. Schon vom weiten sehen wir die Auto Massen und schon an der Zufahrtsstraße ist jeder Parkplatz besetzt. Wir arbeiten und langsam vor und hoffen, dass irgendwo ein Platz frei wird. Als wir bei der Bahn angelangt sind, fährt direkt vor uns jemand heraus. Glück gehabt! Doch dann sehen wir die lange Schlange am Ticket Schalter. Geduldig stellen wir uns an und bekommen am Ende ein Ticket für in drei Stunden. Eine der letzten Bahnen die hoch fährt. Wir können jedem nur empfehlen sein Ticket vorher online zu kaufen. Egal, das Auto steht in der Nähe, die Sonne scheint und es ist warm. Irgendwann sind die Stunden um und wir fahren mit der Bahn immer höher und höher. Oben angelangt haben wir nur noch fünf Grad, einen fantastischen Blick nach unten und überall glitzern Eiskristalle in der Sonne. So kommt bei uns doch noch etwas Winterfeeling auf. Das letzte Stück bis auf 3.718 Meter steigen wir nicht mehr hinauf. Es bleibt zu wenig Zeit und man merkt hier oben doch schon deutlich, dass die Luft knapp wird.
Nach einer Stunde geht es wieder nach unten. Trotz der langen Wartezeit und des hohen Preises hat sich der Ausflug nach oben gelohnt.
Dann ist die Zeit der Ausflüge auch schon wieder vorbei. Wir kaufen noch ein letztes Mal bei Lidl (der letzte Lidl auf unserer weiteren Reise) ein und geben den Mietwagen ab.
Der Wind für die Überfahrt sieht nicht so gut aus. Im Moment ist eher kein Wind zwischen Teneriffa und La Gomera. Wir entschließen uns noch ein paar Tage zu warten, denn am Sonntag soll etwas Wind kommen. Ab Montag, Dienstag wird es dann deutlich zu viel Wind. Bis zu 50 Knoten sind angesagt.
Am Sonntag morgen kurz vor Sonnenaufgang machen wir uns auf den Weg nach La Gomera.