20.06. – 01.07.2018
Es geht bergauf mit meinem Zeh. Jeden Tag ein bisschen mehr. Kleine Ausflüge zum Gemüsestand oder zum Strand.
Am Gemüsestand wird mir immer gleich der Stuhl frei gemacht. So kann ich mich entspannt hinsetzen, während Martin einkauft.
So kann ich hier auch gemütlich im Schatten sitzen während Martin mit Matthur, einem Einheimischen in die Berge fährt um aus seinem Garten Mangos, Zitronen, Grapefruits, Orangen und ein paar Kräuterchen zu pflücken. Alles wird frisch von Baum geholt. Matthur klettert nach oben und Martin muss unten fangen und einsammeln.
Am Ende haben wir einen riesigen Rucksack voll mit frischem Obst für wenig Geld.
Im Moment kann ich nicht mehr lesen und auch nicht mehr liegen. Die Muskeln im Rücken und Nacken sind verspannt. Nach über 2 Wochen Ruhe drängt es mich immer mehr aus dem Schiff.
Deshalb machen wir auch am nächsten Tag einen kleinen Ausflug. Der Weg zum Strand der Pirates Bay geht eine unbefestigte Straße den Berg hinauf und am Ende unzählige Stufen wieder zum Strand hinunter.
Zum Glück haben wir unser Dinghy und erreichen den Strand ohne großen Aufwand von der Wasserseite. Bei den meist kleinen Wellen ist das Anlanden auch kein Problem. Wir lassen uns von einer kleinen Welle an Land spülen, ich bleibe sitzen und Martin zieht mich den Rest bis ich trockenen Fußes aussteigen kann.
Nach einer kleinen Kletterpartie können wir die Sonne am Strand der Pirates Bay genießen.
Nach solchen Aktionen sind Vorfuß und Zeh am Abend dick und ein pochender Schmerz macht sich bemerkbar. Aber die Ausflüge sind es wert.
Die nächsten Tage gönne ich mir wieder Ruhe. Und das tut dem Zeh gut. Er schwillt deutlich ab und sieht dadurch gleich besser aus. Wieder mehr wie ein Zeh ??
Martin kocht immer noch viel. Ich mache im sitzen die Hilfsarbeitern: Gemüse schnibbeln. Sonst ist es immer genau umgekehrt.
Durch diesen Rollentausch merkt Martin wie viel Aufwand das ganze ist, vom einkaufen über die Überlegung was koche ich bis hin zur Ausführung und dann noch der Abwasch. Kleiner positiver Nebeneffekt: mehr Verständnis für die Aufgaben des anderen! ???
Abends gucken wir viel Filme auf dem Laptop. Je nach Wetter in der Koje oder draußen im Cockpit.
Eines Abends hört Martin hinter uns im Wasser etwas schnaufen. Ich hole eine Lampe und sehe etwas immer wieder aus dem Wasser auftauchen. Aber es ist stockduster, kein Mond und unsere Lampe leuchtet nicht so weit. Immer wieder hören wir in etwas Entfernung um unser Schiff herum etwas Wasser ausblasen. Wir vermuten, dass es ein Delfin war.
Für Donnerstag haben wir uns endlich die Turtle Tour vorgenommen, die wir eigentlich am Tag meines Unfalls machen wollten.
In der Nacht kommen die Schildkröten zu dieser Jahreszeit an den Strand um ihre Eier abzulegen.
NEST (North East Sea Turtles) registriert die Eiablage Orte, die Schildkröten und versucht durch Aufklärung die Schildkröten zu schützen.
Gehen halb acht Uhr am Abend sind wir pünktlich beim Büro. Aber entspannt wie die Einheimischen sind, steht Devon noch draußen mit seinen Freunden und redet. Wir werden freundlich begrüßt und machen es uns auf der Terrasse gemütlich. Während Devon sich erst mal frisch macht von seiner Arbeit im Regenwald, wo er Papayas geerntet hat, kommen noch zwei Mädels aus England dazu.
Gegen 20 Uhr warten wir auf das Fischerboot, welches uns zum Strand fahren soll.
Nach einiger Zeit kommt es dann auch direkt an den Strand vor dem Büro gefahren. Damit mein Zeh nicht nass wird beim einsteigen, hänge ich mich an Davon Schultern und werde direkt ins Boot getragen ? Was für ein Service ???
Wir sind gespannt wo es hin geht. Schließlich haben wir die Bucht auch schon mit unserem eigenen Dinghy erkundet. Im Dunkeln können wir erahnen: es geht vorbei an der Lovers Bay, am großen Felsen dahinter, auch am Campbelton Beach fahren wir vorbei und steuern dann den letzten Strand in der Man O War Bay an.
Das Fischerboot wird dicht am Strand an einer Mooring befestigt, alle steigen aus und ich werde wieder an den Strand getragen.
Jetzt heißt es warten. Die Schildkröten kommen schließlich nicht auf Kommando. Wir machen es uns unter den Bäumen am Rand des Strandes gemütlich und quatschen. Hier erfahren wir auch warum wir vor einiger Zeit beim schnorcheln eine GoPro und Socken mit Nummern unter Wasser gefunden haben. Die beiden Mädels aus England haben studiert und schreiben jetzt ihre Doktorarbeit über Putzerfische. Dafür beobachten Sie die Putzerstationen der Putzerfische. Hier kommen u.a. Barrakudas hin, um sich putzen zu lassen.
Nach einem Regenschauer und ein paar Stunden sieht Martin dann ein Stück entfernt eine Schildkröten aus dem Wasser ans Land krabbeln. Es ist eine Echte Karettschildkröte (Eretmochelys imbricata) oder Hawkskbill Turtle. Sie kommen nur zur Eiablage an Land und verbringen die restliche Zeit im Meer. Langsam sucht sie sich ihren Weg den Strand hinauf. Einige Zeit später ist sie fast hinter uns. Mehrmals hat sie versucht zu buddeln, aber immer war der Boden zu hart, weshalb sie immer näher an uns herangekommen ist.
Hier bleibt sie nun und buddelt ein Loch um dort ihre Eier hinein legen zu können. Aber auch hier ist der Boden recht hart und sie hat sich einen Platz direkt unter einem Baum gesucht, wodurch immer wieder Wurzeln im Weg sind. Aber irgendwann ist das Loch tief genug und sie beginnt mit der Eiablage. Jetzt ist sie in einer Art Trance Zustand und sie wird registriert und vermessen. Das alles geschieht nur mit einer Rotlichtlampe. Normales Licht, Blitzlicht von der Kamera oder Feuer irritieren sie und sie könnten die Eiablage unterbrechen.
Es ist faszinierend dieses Tier, dass wir schon so häufig unter Wasser gesehen haben, in seiner vollen Größe von knappen 90 Zentimetern so dicht an Land zu sehen. Wir sitzen direkt daneben. Nach ca. einer Stunde ist sie fertig und fängt an das Loch zu zu buddeln. Dabei geht sie sehr gründlich vor und buddelt auch noch als schon längst alles zu ist. Am Ende sieht man ihren Abdruck vom buddeln fast ein Meter entfernt von dem eigentlichen Loch mit den Eiern. Dadurch versucht sie das Nest zu verstecken. Jetzt macht sie sich zurück auf den Weg ins Wasser. Im hellen Vollmondlicht gleitet sie in die Wellen und ist verschwunden.
Auch für uns wird es Zeit den Strand zu verlassen. Mit dem Fischerboot geht es zurück nach Charlotteville und wir fallen glücklich über das tolle Erlebnis in die Koje. So spät waren wir lange nicht im Bett. Da es immer spätestens um 19 Uhr schon dunkel ist, geht es auch meistens früh ins Bett.
Der Morgen begrüßt uns mit vielen Regenschauern. Langsam macht sich die Regenzeit bemerkbar. Trotzdem möchte ich nicht den ganzen Tag im Schiff sitzen. Nach einem späten Frühstück und einer Dusche fahren wir in einer sonnigen Regenpause mit unserem Dinghy los. Ohne großes Ziel einfach in der Bucht herum. Da sehen wir schon die nächste schwarze Wolke über den Berg hinwegziehen.
Der Campbelton Beach ist der nächste. Während die ersten großen Tropfen vom Himmel fallen landen wir mit dem Beiboot an. Während Martin es noch richtig an Land holt verschwinde ich schon mal unter dem schützenden Blätterdach vom angrenzenden Regenwald. Als der Regen langsam nachlässt, folgen wir einem kleinen Bachlauf. Das Blätterdach wird dichter. Überall saftiges grün: riesiger hellgrüner Bambus, große dunkelgrüne Blätter und ringsherum rote Blüten.
Das Grün noch nass vom Regenschauer, kommen die ersten Sonnenstrahlen durch das Blätterdach. Die Grillen zirpen, Vögel zwitschern und vom Strand klingt das Wellenrauschen herüber. Was für eine Energie und was für eine Kraft. Ich liebe solche Momente in der Natur.
Wir laufen noch ein Stückchen hinein bis der Weg zu doll ansteigt für mich und meinen Zeh.
Wieder zurück am Strand sehe ich gerade noch unser Dinghy, wie es von den Wellen hin und her gespült wird. Martin sprintet los um es einzufangen, was zum Glück gelingt. Das wäre jetzt noch was, an diesem einsamen Strand ohne Boot ?
Während Martin noch mit dem sichern unseres Dinghys beschäftigt ist, sehe ich eine Spur im Sand, die direkt von der Brandung den Strand hinauf bis zu dem Beginn des Waldes. Als Martin zurück ist folgen wir der Spur und finden das typische Loch, das eine Schildkröte zur Eiablage gräbt. Jetzt sehen wir plötzlich jede Menge dieser Spuren im Sand. Auch hier kommen anscheinend jede Nacht die Schildkröten an Land.
Mittlerweile sind die Wellen größer geworden. Ich bekomme eine große Welle direkt ins Dinghy als Martin mich zurück ins Wasser schieben will. Alles ist nass auch mein eingepackter Zeh. Beim zweiten Anlauf klappt es dann.
Vom Campbelton Beach geht es nach Charlotteville. Wir drehen unsere typische Runde: vorbei am Gemüsestand, zum Müllkäfig den Müll wegbringen und wieder zurück und Steg Wasser abfüllen für unseren Wassertank.
Am Donnerstag Abend vor dem Fisherman’s Festival gibt es hier ein einheimisches BBQ. Zwischen Hähnchen, Schwein, Fisch und Schweineschwanz kann man wählen. Dazu gibt es diverse Beilagen.
Wir entscheiden uns für Fisch, aber am Ende merke ich wieder, dass ich nur mit Beilagen am glücklichsten gewesen wäre. Meist schmeckt mir vegetarisch doch am besten.
Im Dunkeln fahren wir zur flow zurück. Schon da merke ich, dass mein Zeh wieder mehr schmerzt.
Angekommen im Schiff mache ich den Verband ab. Leider ist der Zeh nasser geworden in der Welle als ich gedacht hatte und daher ist jetzt alles aufgeweicht. Ein Teil der Verkrustung hat sich aufgelöst, aber darunter hat sich schon eine zarte Haut gebildet. Nur der Nagel macht mir etwas Sorgen. Jetzt ohne Kruste sieht man, dass er sich an der einen Seite zusammen geschoben und ins Fleisch reingeschoben hat. Aber sonst ist alles gut. Und ich denke durch den starken Bluterguss wird der Nagel sich eh irgendwann lösen.
Das ganze Wochenende ist hier in Charlotteville Fisherman’s Festival. Es wurde ein großer Turm mit Boxen aufgebaut, denn laute Musik scheint das Wichtigste für dieses Festival zu sein.
Ich habe noch Schmerzen im Zeh vom Vortag und bleibe auf dem Schiff. Wir hören die Musik vom Land herüber schallen und haben dadurch einen unruhigen Schlaf.
Deshalb lassen wir auch den nächsten Tag ruhig angehen und bis auf einen kleinen Landgang machen wir nichts besonderes. Die Party an Land fängt gegen 22 Uhr an und soll ihren Höhepunkt um 4 Uhr morgens haben. Für uns im Moment zu spät ? Ich kann mit meinem Fuß nicht tanzen und wir sind müde. Damit schaffen wir es nicht so lange durchzuhalten. Also geht es für uns in die Koje.
Erst am Sonntag trauen wir uns raus und stürzen uns gegen Mittag ins Getümmel. Die Musik dröhnt aus den Boxen, die Bässe lassen alles vibrieren, auf der Straße hält man es kaum aus wegen der Lautstärke. Ich glaube das wäre bei uns in Deutschland nicht erlaubt.
Wir machen es uns ein paar Meter weiter auf dem Steg gemütlich. Hier dröhnt wenigstens nicht der ganze Körper vom Bass. Von hier aus haben wir einen guten Überblick über das Treiben und es kann niemand auf meinen Zeh treten.
Viele der Einheimischen hängen genau wie wir auf dem Steg herum und trinken Bier, einige tanzen und andere bereiten ihren Grill am Strand vor.
Es ist schön anzusehen wie sich einige einfach treiben lassen und tanzen. Eine ganz besondere Lebensfreude. Es ist schwer zu beschreiben dafür haben wir ein paar Bilder.