Und schon wieder habt ihr lange nichts von uns gehört. Im Moment sind wir gerade an der Fraser Coast und bereiten unseren Trip nach Fraser Island vor. Aber zuerst berichten wir euch was wir die letzten Wochen so getrieben haben.
Nachdem wir bei Ken und Ann aufgebrochen sind fuhren wir aufgrund eines eventuellen Jobs noch ins Landesinnere herein. Wir fuhren auf schmalen Straßen durch karges Grasland und kilometerweit war kein Dorf in Sicht. Plötzlich und ohne das wir daran gedacht haben stand vor uns ein großes Schild mit „Queensland“. Jetzt sind wir also im Sunshine State :) Leider hat es mit dem Job nicht geklappt. Deshalb buchten wir spontan eine Nacht auf einem Campingplatz im Lamington National Park. Campingplätze in National Park in Queensland kosten nur 5,45 $ pro Person. Wir erkundeten den National Park. An einem Platz konnte man mit teuer gekauften Futter Papageien füttern. Da wir vom Brot backen noch Sonnenblumenkerne hatten steckte Romina sich eine Handvoll in die Hosentasche, damit mischten wir uns unter die anderen Touristen und fütterten die Papageien. Schnell wurde es uns da aber zu voll und wir beschlossen eine Wanderung durch den Wald über eine Hängebrücke zu machen. Als da zwei Papageien in den Bäumen saßen zückte Romina die letzten Sonnenblumenkerne aus ihrer Hosentasche und steckte die Hand in die Luft. Und sofort kamen die Papageien angeflogen. Hier hatten wir sie ganz für uns alleine.
Da uns kurz vorm National Park ein Anruf für einen Fruit Picking Job in Bundaberg zum Cherry Tomaten pflücken erreichte entschlossen wir uns auf direkten Weg dorthin zu fahren. Vorbei an der touristischen Gold Coast, Sunshine Coast und Brisbane. Die 500 Kilometer legten wir in zwei Tagen (ca. 10 Stunden) zurück. Das Reisen dauert hier etwas länger als in Deutschland.
In Bundaberg angekommen sollte es am nächsten Tag mit dem Cherry Tomaten pflücken losgehen. Vorher mussten wir uns allerdings noch in einem Caravan Park einbuchen, für 25 $ die Nacht nicht gerade günstig, aber man hat nach der Arbeit eine frische Dusche parat und das Stehen auf den Rest Areas ist eh nur 20 Stunden erlaubt. Am nächsten Morgen standen wir dann kurz nach 5 Uhr am vereinbarten Treffpunkt aber unser Jobvermittler ließ auf sich warten. Nach einem Anruf wurden wir nur zu einem weiteren Jobvermittler weitergeleitet der uns die Adresse von der Farm nennen sollte. Nachdem sich nach mehrmaligen anrufen und SMS schreiben keiner gemeldet hat waren wir ziemlich genervt und überlegten was wir zu dieser frühen Uhrzeit machen können. Unsere Idee war es nach einem kurzen Tankstop gleich nach Gaydah durchzufahren, etwas im Landesinneren wo gerade die Citrus Ernte stattfindet. Doch dann klingelte beim tanken plötzlich Martins Handy und wir erfuhren die Adresse von der Farm und das wir sofort mit der Arbeit loslegen könnten. An der Farm angekommen bekamen wir gleich zwei große Eimer in die Hand gedrückt und unsere Reihe zum Ernten zugewiesen. Uns wurde kurz erklärt welche Cherry Tomaten in welcher Größe und Farbe gepflückt werden dürfen und los ging es. Wir versuchten so schnell wie möglich unseren großen Eimer mit den kleinen Cherry Tomaten zu füllen um die versprochenen vier Dollar pro Bucket (Eimer) zu bekommen. Dies war allerdings nicht so einfach da viele Früchte zu klein, zu grün oder beschädigt waren und es dann auch noch angefangen hat zu regnen. Martin hat sich auch noch im Schlamm den Fuß nach vorne umgeknickt und konnte den Fuß nicht mehr anheben. Romina stellte gleich die Diagnose: Fußheberschwäche aufgrund eines beleidigten Nervus Peroneus. Am Ende des Tages gingen wir dann zusammen mit 15 vollen Buckets nach Hause und freuten uns nur noch auf die warme Dusche. Da wir nach Abzug von Caravan Park Kosten und Benzin nicht viel ansparen konnten beschlossen wir noch den nächsten Tag auszuprobieren und dann nach Gaydah zu fahren. Am nächsten Tag konnten wir pünktlich um 6 Uhr starten, er brachte zwar besseres Wetter aber nicht viel mehr volle Eimer (21 Buckets). Am Ende des Tages waren wir zufrieden mit dem Entschluss weiterzureisen, denn die Atmosphäre auf dem Feld und in der Stadt war etwas seltsam. Die Farmjobs in der Gegend um Bundaberg werden eigentlich nur über Working Hostels vergeben, die viel Geld für schlechte und überfüllte Zimmer nehmen und im Gegenzug Arbeit vermitteln. Ohne diese Hostels kommt man eigentlich kaum an Jobs ran, wirkt ein bisschen wie Mafia. Auf unserem Feld selber hörte man die ganze Zeit den Vorarbeiter über die Reihen schreien „Pick faster“, „Pick only the good fruits, not the rubbisch“, „don’t stand still, walk, walk, walk, money, money“. Nach unserem letzten Tag auf dem Cherry Tomaten Feld fuhren wir noch ein Stücken zur Küste um den Tag mit einem gemütlichen Strandabend ausklingen zu lassen.
Am nächsten Morgen ging es gut gelaunt nach Gayndah, von Bundaberg 200 Kilometer ins Landesinnere. Dies ist eine kleine Stadt die hauptsächlich aus einem Highway mit ein paar Häusern herum besteht sowie einem großen Fluss, an dem sich eine Citrus Farm neben der anderen reiht. Deshalb herrscht einmal im Jahr in dieser kleinen Stadt Ausnahmezustand zur Erntezeit. Von überall her kommen Einheimische und Backpacker um während der Citrus Ernte gutes Geld zu verdienen. Da wollten wir uns einreihen. Nach kurzem hin und her entschlossen wir uns ins Harvest Office (Erntebüro) zu fahren. Dort kam dann erst mal die Ernüchterung. Kein freier Job im Moment, schlechte Zeit zum Mandarinen ernten, viele Farmen machen eine Pause, da die Preise gerade runter gehen aber wir könnten uns trotzdem registrieren. Ab jetzt hieß es also jeden Tag pünktlich um 9 Uhr und 17 Uhr im Büro zu erscheinen und nach einem freiem Job zu fragen. Um ohne Job noch nicht so viel Geld für einen Caravan Park ausgeben zu müssen, pendelten wir zwischen drei Rest Areas, da wieder nur 20 Stunden Aufenthalt erlaubt war. Nachdem wir zwei Tage lang mit einem Haufen anderer wartender Backpacker im Büro die gleiche Antwort bekamen: „Sorry kids, bad news! No Job today“, beschlossen wir am nächsten Morgen das Harvest Büro im Nachbardorf (47 km) Munduberra aufzusuchen. Hier bekamen wir leider die gleiche Antwort, registrierten uns trotzdem noch mal und bekamen noch eine Liste mit Farmen in der Gegend in die Hand gedrückt. Also machten wir uns auf den Weg um die Farmen persönlich abzuklappern. Die erste hatte keinen Job frei, man konnte sich aber in eine lange Warteliste eintragen, an der zweiten Farm sahen wir dann ein Pärchen welches vor uns im Harvest Büro war fröhlich grinsend die Arbeitspapiere ausfüllen. Mist, zwei Minuten zu spät. Trotzdem fragten wir nach einem Job und bekamen einen Zettel mit einem Namen und Telefonnummer. Schnell angerufen und erfahren das noch zwei Leute gebraucht werden. Nun hieß es nur noch diese Farm zu finden. Da wir aus der Wegbeschreibung am Telefon nicht wirklich schlau geworden sind, fragten wir noch mal vor Ort nach dem Weg, da es die selbe Firma nur eine andere Farm war. Es konnte uns keiner eine klassische Adresse wie in Deutschland nennen, sondern wir erhielten eine abenteuerliche Zeichnung. Wir fühlten uns wie bei einer Schnitzeljagd. Jetzt hieß es nur noch vor allen anderen am Ziel ankommen ;) Angekommen bekamen wir unsere Arbeitspapiere in die Hand gedrückt, Martin eine kurze Einweisung auf dem Trecker und unseren Arbeitsbeginn zwei Tage später am Sonntag um 07:30 Uhr stand nichts mehr im Wege.
Pünktlich am Sonntagmorgen fuhren wir von unserer Rest Area auf der wir noch übernachtet haben los. Auf der Farm bekamen wir dann jeder noch eine Zange und zwei große Taschen die wir uns wie ein Känguru um den Bauch schnallen mussten. Mit dem Trecker und vier großen Kisten (Bins) im Schlepptau wurden wir zu unserer Reihe gebracht, uns wurde kurz gezeigt welche Größe und Farbe von Mandarinen wir ernten sollten und schon konnten wir anfangen: mit der Zange den Stengel so kurz wie möglich an der Mandarine abschneiden, in den Beutel vorm Bauch (Picking Bag), solange bis der Beutel voll ist und diesen dann in den großen Bin entleeren. Zwischendurch kommt Rodney (Manager der Farm) mit seinen Quad durch die Reihen gefahren, schaut kurz vorbei auf einen Small Talk, guckt kurz in den Bin und freut sich über die schöne Farbe und Größe der Mandarinen. Pro Bin bekamen wir 77,50 $, was nicht so viel ist, auf anderen Farmen gab es zum Teil mehr, aber dafür hatten wir mit Rodney einen echt netten Boss, der eine nette lockere Arbeitsatmosphäre geschaffen hat und nicht über jede Mandarine welche noch am Baum hängen geblieben ist rum gemeckert hat. Um 16 Uhr ging es dann mit dem Trecker zurück zum Lagerschuppen, wo Rodney schon wartete und mit seinem Gabelstapler die vollen Bins entlud. Dann war Feierabend :) Da wir während unserer Arbeitszeit nicht auf kostenlosen Rest Areas übernachten wollten, suchten wir uns einen kostengünstigen Caravan Park in Mundubbera. Wie konnte es nicht passender sein zu einer Arbeit auf einer Mandarinen Farm wohnten wir ab nun im Big Mandarin Caravan Park. Nach den ersten vier Tagen Arbeit gab es für uns eine Zwangspause, die uns gar nicht so ungelegen kam, da uns schon der ganze Körper schmerzte. Es regnete zwei Tage lang und bei Regen werden keine Mandarinen geerntet. Als dritten Tag kam noch der Samstag hinzu, der ab jetzt bei einer 6 Tage Woche der freie Tag sein wird. Nach den zwei Tagen Ausfall durch den Regen begann unsere Arbeit eine Stunde früher. Das hieß für uns um 5 Uhr aufstehen, unser Dachzelt einklappen, um 6 Uhr ab ins Auto, auf dem Weg frühstücken und um 6:30 Uhr Arbeitsbeginn, ca. 16 bis 16:30 Uhr Feierabend, zurück zum Big Mandarin, schnell bevor es dunkel wird Essen zubereiten, essen und die schmerzenden Muskeln unter einer warmen Dusche entspannen und ab ins Zelt … Außer für Arbeiten blieb für uns in den nächsten Wochen keine Zeit für andere Dinge, wobei es eh nicht viel zu sehen gab in der Gegend. Das größte Highlight in der Woche war meistens das Weekly Special des IGA, einziger örtlicher Supermarkt der allerdings sehr teuer war gerade was Gemüse und Obst betrifft und nur günstig Instand Nudeln mit Hühnergeschmack führt. Allerdings fand an einem Wochenende die Mundubbera Show statt und das auch noch direkt neben unserem Caravn Park. An den zwei Tagen herrschte im Dorf Ausnahmezustand, wie auch an Feiertagen war alles geschlossen. Von der Bibliothek bis zum IGA. Bei der Mundubbera Show gab es Hunde schaulaufen, Rodeo, Reitturniere, Schweinerennen, weitere lustige Spielchen und natürlich jede Menge Bier und Essen. Am Ende waren wir froh als wir nach 3,5 Wochen endlich unsere Arbeit als Mandarinen Ernter beenden konnten, mittlerweile fehlte uns jegliche Kraft, wir hatten Blasen an den Händen und zerkratzte Arme. Außerdem war es morgens durch den frühen Arbeitsbeginn sehr kalt, einmal hatten wir Frost bei minus 1 Grad. Da sind uns beim arbeiten fast die Finger abgefroren. Trotz vieler Wehwehchen waren die 3,5 Wochen auszuhalten aber eine ganze Saison zu arbeiten, die mehrere Monate dauert, könnten wir uns nicht vorstellen.
Wir haben täglich 3 bis 4 Bins mit Mandarinen gefüllt, ein Bin fasst ca. 460 Kilogramm.
Hier ein paar Zahlen: 3,5 x 460 = 1610 Kilogramm pro Tag, macht bei 20 Arbeitstagen rund 30 Tonnen gepflückte Mandarinen. In 20 Arbeitstagen haben wir mit 66 Bins x 77,50 $ = 5.115 $ abzüglich Steuern verdient. Damit können wir jetzt die restliche Ostküste bereisen.
Eigentlich gibt es noch ein Video über unseren Mandarinen Alltag, welches wir leider gerade nicht hochladen können. Folgt aber hoffentlich bald.
Wusste ich nicht das Mandarinenbäume stechen können, was dazu gelernt. Manche Tiere sind gut getarnt, kenn ich aber auch aus Süd-China, daher ist es mir auch direkt aufgefallen. Ihr seid ja ziemlich fleißig, so viele Kisten ist echt ne Leistung. 30 Tonnen sind ne Menge. Pro Person 15 Tonnen in 20 Tagen, ich glaube, da würde ich das Handtuch werfen.
Sehr schöner Bericht und wie immer tolle Bilder dazu. Danke das ihr bei dem Streß noch Zeit findet zu schreiben.
Hallo ihr Lieben,
vielen Dank für eure Kommentare. Genau diese motivieren uns auch in stressigen Zeiten neue Berichte zu schreiben :)
@Sigrun: Zum Mandarinen essen gibt es hoffentlich bald noch ein Video ;)
Kochcoach klingt gut :) Wäre auch mal eine neue Erfahrung :)
Ja, das mit den Stacheln war mir auch neu….
habt ihr denn auch in Mandarinen geschwelgt und davon zu allen Tageszeiten gegessen?
Wenn ich an die Zeit von Dezember 1983 zurückdenke,
müsste es da bei Martin eine Prägung gegeben haben :) :) :)
Euch weiter viel Freude an dem Abenteuer Australien! Sigrun und Karsten
Romina, wir buchen dich schon mal vorausschauend für alle Familientreffen der nächsten Jahre als Kochcoach –
du brauchst auch nur die Anleitungen zu geben, die Arbeit machen wir :) :) :)
30 Tonnen Mandarinen und alle eigenhändig vom Baum geholt, unglaublich! Dann könnt ihr die freie Zeit jetzt bestimmt um so mehr genießen. Und genau das wünsche ich euch!
Das Video ist super, in echter Stummfilmart…… schön, mal so einen ganzen Erntetag zu sehen! Habe lange nicht mehr so gelacht :) Es heißt ja immer, Kinder und Männer essen gern Obst, wenn es ihnen in mundgerechten Stücken angereicht wird ;)
Über das Mandarinenvideo hab ich wirklich sehr gelacht! In der Geschwindigkeit und mit der Musik, wirklich gut :)