07.10. – 11.10.2018
Unsere flow steht an Land!
Da das Unterwasserschiff mittlerweile mehrere Schichten Antifouling drauf hat, die nicht mehr besonders gut halten, soll einmal alles runter, neuer Primer und neues Antifouling drauf, damit wir hoffentlich nicht so schnell ein schwimmendes Riff werden.
Wir wagen einen ersten Rundgang um die flow. Sieht auf den ersten Blick gar nicht so schlecht aus.
Auf den zweiten dann leider doch. Nach ein bisschen kratzen und drücken am Ruder gibt die äußere Schicht nach und ist nicht fest. Und plötzlich steht Cow neben uns.
Ja, Cow! Keine Kuh sondern ein Arbeiter, der sich Cow nennt, weil er kein Fleisch isst sondern nur Gemüse oder eben Grünzeug wie eine Kuh.
Natürlich ist er Experte in jeglichen Bootsarbeiten. Ich bin bei so etwas immer erst mal sehr skeptisch und brauche erst mal Zeit um die ganze Situation für mich zu verarbeiten und in Ruhe drüber nachzudenken. Aber Martin hört sich sich sein Angebot erst mal an und gleich wird schon der Bohrer an unserem Ruder angesetzt und das Wasser fließt nur so hinaus: Osmose! Der Schrecken aller Segler.
Was ist Osmose!? Viele kennen den Begriff vielleicht noch aus dem Biologie Unterricht. Diffusion (Konzentrationsausgleich) eines Stoffes durch eine halbdurchlässige Membran in eine Richtung.
Was bedeutet das jetzt in Bezug auf unser Schiff?
Unsere flow ist aus GFK (Glasfaserverstärkter Kunststoff), Glasfasern, die durch ein Harz zusammen gehalten werden. Dieses Harz ist nicht wasserfest. Wenn jetzt Wasser bis dahin vordringt zersetzt sich das Harz und es entsteht eine Säure. Diese Säure hat eine höhere Dichte als das Wasser, in dem das Schiff schwimmt. Deshalb hat die Säure nun das Bestreben sich zu verdünnen und zieht das Wasser an, der Druck im inneren erhöht sich und irgendwann bilden sich nach außen hin Blasen. Daran erkennt man dann erst, dass ein Schiff Osmose hat, währen innen drin schon lange der Zersetzungsprozess in Gange ist.
Unser Ruderblatt ist wohl hin. Aber alles kein Problem für Cow. Das ist keine große Sache. Er kann uns ein neues machen.
Bei mir (Romina) fließen die Tränen. Das muss erst mal verarbeitet werden. Wir wollten doch eigentlich nur kurz aus dem Wasser, neues Antifouling drauf und wieder rein.
Am nächsten morgen geht es los mit Informationen einholen. Wer macht noch GFK Arbeiten!? Preise und Meinungen zu unserem Ruder Blatt einholen! Erfahrungen, die andere mit den Arbeitern gemacht haben auftun! Schließlich wollen wir ein stabiles gut gemachtes Ruderblatt, welches die nächsten Jahrzehnte durchhält, wenn wir uns schon ein neues anfertigen müssen.
Nebenbei sind wir noch am Morgen mit Cow verabredet, der uns zeigen möchte wie wir am besten das Antifouling herunter bekommen und uns auch Geräte dafür zur Verfügung stellt.
Doch zur verabredeten Zeit um 8 Uhr ist keiner da. Wir warten… und warten… und überlegen irgendwann zur Konkurrenz, Allen zu gehen.
Doch dann trudelt Cow ein. Irgendetwas ist an seinem Auto auf dem Weg hierher kaputt gegangen. Ok, kann ja mal passieren. Aber das sollte in den nächsten Wochen nicht die einzige Ausrede sein warum irgendetwas nicht geht oder zu spät ist.
Martin fängt an das Antifouling von unserem Unterwasserschiff zu kratzen. Bei über 30 Grad und einer hohen Luftfeuchtigkeit nicht gerade die schönste Arbeit. Unter dem Schutzanzug, Atem Maske und der Brille schwimmt Martin bald im eigenen Schweiß.
Erfolge sind nur langsam zu sehen, auf einer Fläche von rund 33 Quadratmetern.
Dicke dunkle Wolken schieben sich über die Grünen Berge, die die Werften umgeben. Bald fängt es an zu regnen.
Der Regen und das Gewitter, welches wie immer pünktlich zur Mittagszeit einsetzen verschaffen Martin eine Pause und wir verziehen uns ins Schiff. Von innen beobachten wir die Wassermassen, die vom Himmel kommen und an unseren Fenstern einen kleinen Wasserfall bilden. Zusätzlich lässt es alle paar Minuten ein Donner über uns krachen. Es ist unglaublich wie schnell es von blauer Himmel, Sonnenschein und Sommerfeeling zu dunkel, grau, nass und ungemütlich umschwenkt. Manchmal ist es genau so plötzlich vorbei wie es gekommen ist. Manchmal regnet es sich aber auch ein.
Sobald der Regen etwas nachlässt geht es weiter.
Das gleiche Spiel am nächsten Tag wieder von vorne. Antifouling kratzen, Regen, Antifouling kratzen. Zusätzlich brauchen wir noch eine zweite Meinung für unser Ruderblatt und ein zweites Angebot.
Während Martin sich außerhalb der Werft informiert und auf die Suche macht, schreibe ich mit anderen Seglern über ihre Meinung und Erfahrung mit Arbeitern.
Am nächsten Morgen sind alle da. Cow, ein zweiter Arbeiter und Brent, der Manager von Power Boat.
Die Preisverhandlungen gehen los.
Am Ende entscheiden wir uns für den teuereren, für Cow. Der andere Arbeiter wollte zum Teil unser Ruder nur flicken. Er meinte, es wird sich dann ein paar Jahre halten. Aber das war kein gutes Gefühl für uns. Halbe Sachen mögen wir nicht. Und das Bauchgefühl hat Cow gesagt. Auch habe ich von anderen Seglern gutes über seine Arbeit gehört.
Beim abtragen der alten Antifouling Schichten kommt darunter eine Sperrschicht zum Vorschein. Diese wurde von dem Voreigner aufgetragen und soll eigentlich das Salzwasser davon abhalten an das GFK zu kommen.
Jetzt haben wir gerade den Schock mit unserem Ruderblatt verdaut, da entdecken wir an einem kleinen Riss in der Sperrschicht Flüssigkeit austreten. Nicht auch noch hier! Osmose im Rumpf!?
Ein sehr entscheidender Punkt beim Kauf unserer flow 2014 war, dass der Voreigner 2013 das Unterwasserschiff hat komplett abtragen lassen und alles neu aufbauen lassen. Also war es für uns recht sicher, dass keine Osmose da ist. Und jetzt das!
Cow kommt vorbei und schleift eine Test Stelle bis auf das GFK ab. Wir sehen das GFK, den alten originalen Gelcoat von 1971 und dadrüber die Sperrschicht. Das GFK sieht zum Glück gut aus. Der Gelcoat ist total durchlöchert und die Sperrschicht hat hier und da Risse.
Ok, erst mal ruhig bleiben! Mehr als beginnende Osmose ist das nicht. Aber endgültig können wir das erst sagen wenn alles abgetragen ist. Das heißt für uns jetzt, dass zusätzlich zu den Antifouling Schichten auch noch die alte Sperrschicht aus 2013 und der Gelcoat runter müssen. Wir müssen unsere flow also bis auf das GFK nackt machen.
Während ich (Romina) erst mal wieder durcheinander bin und nicht weiß was da jetzt alles auf uns zukommt, ist das für Cow mal wieder alles kein Problem. Das ist keine große Sache sagt er. Und unser altes Schiff ist stabil, das GFK ist dick, deutlich dicker als bei den neueren Serienyachten. Zusätzlich unterbreitet er ins noch ein Angebot, was das ganze abtragen und Schicht für Schicht wieder aufbauen bei ihm Kosten würde.
Damit hätten wir jetzt gar nicht gerechnet. Und ehrlich gesagt haben wir gerade auch gar keine Ahnung wie das ganze zu machen ist. Es würde erst mal recherchieren bedeuten, dann Geräte ausleihen (wie Schleifgerät) und Materialien besorgen. Gefühlt würden wir dann noch in einem halben Jahr hier sitzen mit den anderen Sachen auf unserer Liste, die noch rund um das Schiff abgearbeitet werden müssen.
Also entschließen wir das Unterwasserschiff machen zu lassen. So haben wir Zeit uns auf die anderen Sachen am Schiff zu konzentrieren.
Das Leben an Land hier auf der Werft auf dem Schiff ist nicht gerade einfach. Die Toilette kann natürlich nicht benutzt werden. Zum Glück haben wir nicht den längsten weg zu den öffentlichen Waschräumen.
Aber das schlimmste sind die Mücken. Auf dem Wasser ist von diesen Mistviehchern nichts zu sehen. Aber hier an Land sind es nicht willkommende Mitbewohner auf der flow. Auch wenn wir sobald es dunkel wird alle Luken schließen, sie sind immer da ob Tags oder Nachts. Mich erwischt es leider besonders und jeden Tag sind Arme und Beine zerstochen. Deshalb hole ich die Nähmaschine heraus und versuche mich daran mit unserer Fliegengaze etwas für unsere Luke und den Niedergang zu nähen.
Zusätzlich steht die Luft hier an Land. Kein Windhauch ist zu spüren. Im Schiff haben wir meist 40 Grad trotz offener Luken und am Abend bekommen wir es auch kaum runter gekühlt. Wenn ich Pause von meiner Näharbeit mache und in die 33 Grad nach draußen komme ist das eine willkommene Erfrischung.
An kochen ist bei den Temperaturen im Schiff auch nicht zu denken. Unser Petroleum Herd ist wie eine kleine Heizung. Deswegen und auch um Zeit und Abwasch zu sparen, holen wir uns mittags was von außerhalb.
Ist die flow normal schon klein und hat wenig Raum zum bewegen, so verkleinert der sich bei Werft und Arbeitsphasen noch mal deutlich. Werkzeug und Ersatzteile nehmen den größten Teil ein und lassen nur noch kleine Flächen zum treten übrig. An Schränke und Kühlschränke kommt man meist nur noch wenn man vorher alles von A nach B räumt.
Und während wir die leider nicht so schönen Entdeckungen an unserer flow gemacht haben, mussten nich einige Sachen mehr ins Rollen gebracht werden. Also haben wir für unsere Segel einen Segelmacher rausgesucht und noch jemanden für unser Wind Display.
Unsere 9 Segel müssen alle einmal durch gecheckt werden und wir brauchen eine neue Persenning für unser Großsegel. Auch ein Cover für unser Dinghy wollen wir uns anfertigen lassen.
Und unser Wind Display macht ja schon seit der Atlantiküberquerung Probleme. Wir hoffen, dass es hier jemand reparieren kann.
Wir fahren also unsere Segel zum Segelmacher, besprechen alle Segel und was gemacht werden soll, suchen die Farbe für das Dinghy Cover aus, bringen das Wind Display zu Raymarine und lassen unser Dinghy samt Außenbordmotor aus dem Wasser heben, dann auch das will gepflegt werden und die Arbeiten an unserem Volvo Penta Motor beginnen. Nach ein bisschen hin und her wird dann auch endlich unser Ruderblatt gezogen (die flow musste dafür extra noch mal angehoben werden).
Dann kann es ja los gehen …
Der Totraum über dem Ruder und die Achterkante Kiel wurden von uns mit Formschaum und GFKgeschlossen.Danach lief das Schiff wie auf Schienen und wedelte nicht wie im Yacht Fahrtenbericht geschildert.Wir segelten das Schiff 1976-2000unter dem Namen Minne Hunne,vormals ab71 Harunda.Das Schiff wurde nach Helgoland verkauft.Eine schöne Zeit anbord wünscht Euch die ehemalige Crew der Minne Hunne